Nürnberger Zeitung (Nordbayerische Zeitung)

Der Stille auf der Spur

Zwei Meister der Zeichnung in Fürth


Zeichnungen sind gemeinhin die Leiseren im Chor der Künste. In der Publikumsgunst selten die Platzhirsche, werden sie zuweilen als skizzenhaft abgetan. Um so mutiger zeigt sich die kunst galerie fürth, die nun mit der Ausstellung "line and structure" die Werke von Rainer Thomas und Günter Walter ins Augenmerk rückt - zwei Zeichnern im besten Sinne.

Diese Schau folgt auf den Überraschungserfolg der Skulpturen-Präsentation des italienischen Bildhauers Walter Moroder - die sich zur Freude von Galerieleiter Hans-Peter Miksch zur meistbesuchten Schau in der zwölfjährigen Geschichte des Ausstellungsortes am Fürther Königsplatz mauserte.

Nun also die beiden Zeichner. Den 1943 in Fürth geborenen Walter - der heute in Freiburg lebt - und den 1951 in Weißenburg geborenen Wahl-Fürther Thomas verbindet neben der schönen Tatsache, dass sich ihre Nachnamen jeweils auch als Vornamen lesen lassen, dass sie bei Gerhard Wendland an der Nürnberger Kunstakademie studierten. Vor allem aber ist ihnen die große Ernsthaftigkeit und Akribie gemein, mit der sie sich seit drei Jahrzehnten dem Graphischen widmen. Bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Handschrift werde das Medium Zeichnung voller Zärtlichkeit verabsolutiert, formuliert es Galerieleiter Miksch. Dass beide Künstler, unbeeindruckt von Moden, ihren eigenen Weg suchen, macht die Ausstellung deutlich.

Walter steht den konkreten Künsten nahe. Seidenfadendünne Linien zieht er zu zarten Gitternetzen und Kuben zusammen, wobei er die Striche durch unterschiedlich starkes Aufdrücken des Stifts variiert. Gerade da, wo er vom klassischen Bleistift zum Buntstift wechselt, steckt viel rhythmische Musikalität und Wärme in den Blättern. Keine Spur von der unterkühlten Sachlichkeit, die konkreter Kunst manchmal anhaftet. Die Strichführungen des "Privatdogmatikers" (Miksch) pulsieren wohldosiert zwischen Dunkel und Hell. Alles ist handgemacht, denn Computerzeichnungen lehnt Walter als "zu unpersönlich" ab. Früher habe er sogar jede Linie frei gezeichnet, verrät der Purist. Inzwischen verwende er Lineale: "Eine achtzig Zentimeter lange Linie bietet mir vom Anfang bis zum Ende noch genügend Spielraum."

In den Tusche-Zeichnungen seines Künstlerkollegen Thomas wiederum steckt eine noch organischere Abstraktion. Linien kreuzen sich, berühren einander sanft oder verlaufen im Nichts des weißen Blatts. Es gibt schwarze Kraftfelder und rote Einschnitte. Es kommt zu feinen Verwischungen der Tusche, zu Tropfspuren. In den Verästelungen spürt Thomas, so scheint es, Empfindungen nach. Oder es geht, um Ernst Barlach zu zitieren, um den äußeren Ausdruck eines inneren Geschehens, das aber nicht in Worte gefasst werden kann. Der Blick folgt mancher feinen Spur.                  

Christian Mückl




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