Nürnberger/Fürther Nachrichten, 14., 15.3.2015

Bewegte Bilder mit subtilem Mehrwert


Christoph Brech zeigt seine faszinierenden Video-Arbeiten in der kunst galerie fürth

Zum ersten Mal widmet sich die kunst galerie fürth mit einer Ausstellung ganz der Video-Kunst. Für diese Premiere hat sie sich einen Künstler ausgesucht, der mit seinen bewegten Bildern zu faszinieren weiß: Der Münchner Christoph Brech bespielt das Haus mit einem Filmprogramm, in dem viel mehr steckt, als auf den ersten Blick erkennbar ist.

Fast wie Gemälde muten die Filmstills an, die im Infoblatt für die Ausstellungsbesucher abgebildet sind. Mit diesem Eindruck ist man schon auf einem guten Weg zu Christoph Brechs Kunst. Der gebürtige Schweinfurter hat freie Malerei studiert, bevor er sich der Arbeit mit der Kamera zuwandte. Seinen Filmen ist das anzumerken. Auch in diesem Genre findet und erfindet er Bilder, auch hier greift sein Gespür für Komposition, zeigt sich der Blick für Details, die gemeinhin gern im Ganzen verschwinden.

In "Opus 110a", dem mit knapp 25 Minuten längsten Video in der insgesamt dreiviertelstündigen Werkauswahl, sieht man zunächst die Rückenpartie einer offensichtlich im Maßanzug steckenden, sich bewegenden Figur. Stoff legt sich Gesichtszügen gleich in Falten, in der Nahaufnahme wirkt das wie ein rätselhaft-abstrakter, atmender Organismus. Mehr sieht man nicht - und das ist zugleich sehr viel.

Denn im Verbund mit der unterlegten kammersymphonischen Bearbeitung von Schostakowitschs beziehungsreichem 8.Streichquartell offenbaren sich die Bewegungen als die eines Dirigenten, der Faltenwurf als so spannungsreiche wie sinnliche Visualisierung der Musik - was einen hübschen Kontrapunkt zum Stummfilm setzt, wo Visuelles vertont wird.

Überhaupt spielt die Musik bei Brech eine wichtige Rolle. "The Wind That Shakes the Barley" heißt ein irisches Volkslied aus dem 19. Jahrhundert. Gleichzeitig vorwärts und rückwärts gespielt, ist sie ein Äquivalent zu den vom Wind bewegten Gerstenhalmen im gleichnamigen Video. Sie umspielen kleine Felsbrocken, die im 18. Jahrhundert von weit her auf die irische Insel Achill Island gebracht wurden. Dort dienten sie als Gedenksteine für ungetauft gestorbene Kinder, die auf Friedhöfen nicht bestattet werden durften. Bei Brech stehen sie nun im Mittelpunkt poetisch-spiritueller, meditativer Momente.

Wie schon in "Opus 110a" wirkt der Kniff mit dem verfremdenden Effekt von Nahaufnahmen auch beim Fünfminüter "Sea Force One". Während man glaubt, dass da gerade ein expressives Werk auf große Leinwand gemalt wird, sieht man in ausschnitthafter Wirklichkeit zu, wie die schwarze Außenfläche einer Luxusyacht mit Seifenschaum gereinigt wird. Dramaturgisch spannend und seltsam beunruhigend ist dagegen die filmisch mehrfach überlagerte Kamerafahrt durch eine Eichenallee. Sie entwickelt nicht zuletzt durch die ebenfalls vielfach überlagerte Musik von Gustav Mahler eine irritierende, gleichwohl sogartige Unwirklichkeit.

Zu besichtigen sind die Videos am Stück von gemütlichen Sesseln aus. Charmatnes Apercu am Rande: die Grafik, die das Dirigat von Mariss Jansons zu Maherls Symphonie Nr. 5 als abstrakters Liniengeflecht festhält.

 

Birgit Nüchterlein

 

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