Nürnberger Zeitung, 9./10.5.2015

Der Mensch ist ein Würstchen


"Biennale der Zeichnung" im Großraum

Fünf Ausstellungsorte im Großraum sind an der "3.Biennale der Zeichnung" beteiligt, die morgen beginnt - zum Beispiel die kunst galerie fürth

Der Mensch ist ein Würstchen oder ein Radiergummi - zumindest in den Zeichnungen von Kirill Schröder. Manchmal auch zum Dackel oder Mops mutiert lernen wir Schröders Kreaturen ministrantenhaft, zwergengroß und zwischendrin nackt kennen. Schweinchenrosa und giftgrün sind sie. Aber hallo!

Die Künstlerin Heike Ruschmeyer (Jg. 1956) wiederum, ... genau 30 Jahre älter ... als ihr Kollege Schröder, zeichnet ausschließlich Tatorte. Schwarzweiß bis grau ist die Stimmung, magendrückend und gespenstisch. Pressefotos dienen ihr als Vorlage für ihr bildgewordenes Echo auf sinnlose Gewalt: Die Schleyer-Entführung, das Oktoberfest-Attentat, Solingen oder die NSU-Morde nähren die Motive. Kunst der Trauer - oder gar der Traumata? Dass sie sich ihre Themen nicht suche, lässt sie wissen, die Themen kämen zu ihr. In einem Künstlerdorf nahe Berlin, das früher eine Nervenheilanstalt war, entstehen ihre Zeichnungen. Die Grenzen zur Malerei sind darin fließend.

Wenn das keine Extremarbeiter sind, die der Fürther Galerie-Leiter Hans-Peter Miksch uns als seinen Beitrag zur dritten regionalen "Biennale der Zeichnung" präsentiert.

Die ersten zwei Ausgaben des kleinen Großraum-Festivals über die stillere Art künstlerischen Schaffens waren 2011 und 2013 unter dem Titel "Soul Train" zu sehen: Ein Überbegriff, der auch der dritten Ausgabe - zumindest in Fürth - gut zu Gesicht stünde. Um gezeichnete Seelenzustände geht es.

Die Schönheit kann furchbar sein und das Grausame altmeisterlich schön: das dringt aus den Motiven des stillgestandenen Schreckens, wenn Ruschmeyer Kinderbettchen und Gitterroste zeichnet und die Tragweite des Geschehenen tiefer erahnen lässt, als sie es zeigt.

Schröders "kirillische" Papierarbeiten sind dagegen auch mal frech oder verspielt: Dann ragen einem Exhibitionisten drei Würmer vorne aus dem Mantel, die ein anderes Männlein zu füttern versucht. Der Wahnsinn findet überall Platz. Dass der Mensch ein getriebener Widerling ist, fremdgesteuert und deformiert, scheinen seine Kreaturen zum Ausdruck zu bringen, die auf den ersten Blick niedlich wirken, doch auf den zweiten bestechend bizarr.

Christian Mückl

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