Nürnberger Nachrichten, 2.7.2015

Die friedliche Bilderwelt von Scheich Suelem


Eine Fränkin entdeckte den malenden Autodidakten in Ägypten - Ausstellung in der kunst galerie fürth

Dass Scheich Ramadan Abu Suelem ab Mitte der 1980er Jahre zu einem der bekanntesten Künstler Ägyptens wurde, hatte er der Fränkin  Ursula Schernig zu verdanken. Erstmals präsentiert die Sammlerin die Bilder des malenden Autodidakten nun in der kunst galerie fürth.

 Wie kommt ein Obstbauer aus dem tiefsten ägyptischen Hinterland an Pinsel und Malfarben? Gar nicht. "Er hat anfangs mit einem zerkauten Dattelstengel und irgendwelchen selbst hergestellten Farben gemalt", sagt Ursula Schernig über Scheich Ramadan Abu Suelem (1924-1998). Die Fürtherin ging 1981 mit ihrem Mann nach Kairo, der dort Lehrer an der deutschen Schule wurde. Sie selbst eröffnete eine Galerie für ägyptische und sudanesische Kunst.

Klug und bescheiden

Noch sehr genau erinnert sich die heute 83-jährige daran, wie sie über eine Freundin vom malenden Beduinen in einem Dorf südlich von Kairo hörte. Ihre Neugier war geweckt, sie fuhr hin und war sofort fasziniert vom Können dieses heimlich malenden Autodidakten, vom Reichtum seiner Bilder, von der Vielgestaltigkeit der Geschichten, die er darauf erzählt und auch von der Person selbst: "Er war weise, klug, feinsinnig und liebenswert und sehr bescheiden."

Die Kunstexpertin aus dem Abendland nahm sich des nach westlichen Standards ungebildeten Künstlers, der nur zwei Jahre lang eine Koranschule besucht hatte, an, beschaffte ihm Pinsel, Papier, ordentliche Farben - und eine Ausstellung im Goethe-Institut in Kairo. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und einer ungewöhnlichen Künstlerkarriere. "Er wurde eine wichtige Figur in Ägypten", sagt Schernig. Eine Kunstschule hat Suelem nie besucht, und in Museen setzte er aus Prinzip keinen Fuß. Er schöpfte die Bilder aus seinem Innern, bezog sich dabei auf die islamischen Traditionen und Mythen seiner Heimat (und nicht auf die der Kunstgeschichte), ging auch bei der Umsetzung individuelle Wege und wurde so zu einem ganz Großen der sogenannten Art Brut oder Outsider-Kunst in Ägypten.

"Zu diesern Art von Kunst hatte ich schon immer eine Nähe, und ich schätze die Sammlung von Ursula Schernig sehr", sagt Galerieleiter Hans-Peter Miksch und erklärt so, warum ein städtisches Ausstellungshaus in Franken Beduinenkunst aus Ägypten zeigt. Neben Schernig haben auch die fünf Söhne Suelems Leihgaben für die Präsentation bereitgestellt. 

Beim Betrachten der Blätter scheinem einem zunächst die Augen überzugehen. Es sind Wimmelbilder mit tausenden Details, akribisch gemalten Tiergestalten, Pharaonen, Menschen, Blüten, Architekturen, Booten, Palmen, Prinzessinnen, Ranken, Ornamenten...

Zauberhafte Details

Wer sich darauf einlässt, entdeckt in den oft symmetrisch aufgebauten Bilderbögen zauberhafte Details, leicht zu entschlüsselnde Szenen wie Beduinenhochzeiten und andere Feste, aber auch rätselhafte Parabeln oder freie Nacherzählungen der Geschichte der Pharaonen.

Suelem zeigt eine friedliche Welt, heiter und bunt. Davon ist Ägypten derzeit weit entfernt. "Die Lage ist schrecklich", sagt Ursula Schernig, die noch Kontakte in ihre einstige Wahlheimat hält. Im Revolutionsjahr 2011 war sie zuletzt dort. "Jetzt würde ich nicht hinfahren. Ich habe Angst."

Birgit Ruf

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