Nürnberger/Fürther Nachrichten, 16.1.2016

Das Schachteldenken aufbrechen


Mitmach-Ausstellungen der "Fa. Zusammenkunst" in Nürnberg und Fürth

Einfach mal "anders herum denken": Dazu will das gleichnamige Projekt animieren, das nun in eine neue Phase geht - mit Ausstellungen in Fürth und Nürnberg.

Ist das noch Kunst oder schon Sozialarbeit, eine verkopfte Performance oder launige Mitmachaktion? Auf jeden Fall ein ambitioniertes und mutiges Projekt, das nichts Geringeres will, als Mitbürger aufzufordern, mal anders herum zu denken. "Das ist kein Gag, wir meinen es ernst mit der Gesellschaftskunst", sagt Johannes Volkmann vom Nürnberger Papiertheater, der das Fürther Stadttheater für sein Experiment ebenso mit ins Boot holen konnte wie das KunstKulturQuartier in Nürnberg und die kunst galerie fürth.

In beiden Städten werden an diesem Wochenende Ausstellungen eröffnet, die vom Mitmachen leben. Konkret geht das so: In Sammelcontainern hatten Volkmann und seine Mitstreiter von der Kreativen-Vereinigung "Fa. Zusammenkunst" seit Jahresbeginn Pappschachteln in Nürnberg und Fürth gesammelt, die nun umgestülpt und auf ihrer grauen Seite mit den Worten "anders herum denken" bedruckt sind. Insgesamt rund 600 solcher Müsli-, Waschmittel- oder Nudelpackungen bilden nun Wandfriese in der kunst galerie fürth und im Nürnberger Künstlerhaus. Aber, so hofft Volkmann, nicht lange. Denn jetzt sind die Besucher gefragt: Was soll andersherum gedacht werden in unserer Gesellschaft?

Stifte und jungfräuliche Schachteln liegen an den Ausstellungsorten aus. Jeder, der einen Gedanken, eine Idee darauf notiert, kann seinen Beitrag an die Wand hängen und dafür eine der Volkmann`schen Denk-Schachteln ab- und mitnehmen. Gedankenaustausch ganz handfest also und Kunst, die sich in die aktuellen Themen der Zeit einmischt. Flankiert wird das Papp-Fries in Fürth von einem Video über die Schachtel-Sammelaktion und "dynamischen Readymades". Das sind Institutionen wie eine Ökobank, die Volkmann mittels Broschüren über diese "guten" Unternehmen auf den Sockel der Kunst hebt.

"Wir gehen ein Wagnis ein"

"Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtungen wechseln kann", behauptete schon der Dada-Künstler Francis Picabia. Ganz in diesem Sinne will Volkmann, der bereits mit Projekten wie "unbezahlbar" oder der Flüchtlingsaktion "Die innere Stadt" auf Partizipation setzte, Schwung in eingefahrene Muster bringen: "Wir möchten ein Forum schaffen, um in sozialen, gesellschaftlichen, politischen Fragen beweglich zu werden." Das Fürther Theater geht mit gutem Beispiel voran: Die Tickets für die Uraufführung des Stücks, das bis zum 22. April aus den Statements der Mitdenker entsteht, kann man mit Geld oder drei Stunden Sozialarbeit erwerben.

Und weil am Schluss der viermonatigen Denkprozesse "anders handeln" stehen soll und dafür natürlich auch Geld nötig ist, gibt es in der Fürther Schau Kauf-Kunst ab elf Euro: So viel kostet ein Stück Butter, in das der Ausstellungstitel eingeprägt ist. Ob das hochtrabende und in seiner Struktur vielleicht allzu verwirrende Projekt wie geschmiert läuft oder zum Rohrkrepierer wird, hängt jetzt davon ab, was die Öffentlichkeit damit macht. "Wir gehen ein großes Wagnis ein", weiß der Initiator.

Brigit Ruf

Zurueck Zurück Versenden versendenDrucken drucken
2021 © kunst galerie fürth - Impressum