2. Juni bis 8. Juli 2018

Kai Richter - Structuring The Space


Im Jubiläumsjahr der Stadterhebung/„200 Jahre eigenständig“ widmen sich sämtliche Ausstellungen der städtischen Galerie den Überthemen Stadt, Urbanität, Architektur. Nach zwölfhochfürth, den Driftenden Bauten und dem fotografischen Blick auf das Draußen und Drinnen steht nun eine ganz besondere Skulpturenausstellung an:


Der Bildhauer Kai Richter zeigt Skulpturen, Installationen, Plastiken, die sämtlich aus Materialien gefertigt sind, die auf der Baustelle verwendet werden, mit anderen Worten Bauhilfsmittel wie Schalbretter, Zement, Stahlstützen und dazugehörige Kupplungen, Gerüstteile, Holzstangen etc.

Kai Richter wurde 1969 in München geboren. Er machte zuerst eine Lehre als Industrie-Mechaniker und kam zum Studium auf dem 2.Bildungsweg. Dem Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Anglistik und Geschichte schloss sich ein Studium der Freien Kunst an den Kunstakademien Münster und Düsseldorf an in den Bildhauerklassen von Joachim Bandau und Hubert Kiecol. In Düsseldorf beendete er 2004 sein Studium als Meisterschüler bei Hubert Kiecol. Kai Richter lebt und arbeitet in Düsseldorf. Seit 2005 hatte er zahlreiche Einzelausstellungen in deutschen Museen, Kunstvereinen und Galerien, aber auch in den USA (Richmond/Virginia), Südkorea (Seoul), Österreich (Kitzbühel), GB-Schottland (Glasgow), Griechenland (Thessaloniki).

Durch die (in aller Regel) gebrauchten Bauhilfsmittel haben seine Skulpturen etwas Rohes und Unfertiges. Bisweilen wirken die Installationen, als würde der Künstler lediglich eine Pause einlegen - sind die Arbeiten schon fertig oder noch nicht? Richter greift durchaus bildhauerische Traditionen auf, aber der Betrachter fragt sich, ob er es hier mit Skulptur, mit Plastik oder ansatzweise schon mit Architektur zu tun hat? "Bauhilfsmittel", respektive Materialien sind Werkzeuge und vice versa. Sie haben dienende Funktion, haben zuallererst keinen Selbstzweck: Ich besorge mir Werkzeug und Material, um etwas zu tun. Mittel zum Zweck. Selbst, wenn diese Materialien fest miteinander verbunden sind, lassen sie die Option ahnen, dass das Entstandene umgebaut wird. Alle Lösungen sind nur vorübergehende. Montage und Demontage/Dekonstruktion. Bei aller Statik und Stabilität einer gefundenen Lösung denkt der Betrachter unweigerlich die Möglichkeit der Auflösung und der Andersgestaltigkeit mit.

Anfangs bezeichnete Richter seine Arbeiten bescheiden wie nüchtern als „Bauskulpturen“. Viele Werke sind ortsspezifisch, werden also speziell für einen Ausstellungsort geschaffen. Aber nicht nur dann stellen sie im übertragenen wie wortwörtlichen Sinn „Raumfragen“, machen die jeweiligen Orte neu oder spezifisch erfahrbar. Die Kunst von Kai Richter ist auf der einen Seite hart, konstruktiv, minimalistisch, auf der anderen Seite, nicht zuletzt, wenn er den Arbeiten sprechende Titel gibt, spürt man eine bildhafte (metaphorische) Poesie. Was einen Architekten einst bei einer Eröffnungsrede für Kai Richter dazu brachte, nicht nur von der Verwandtschaft zu den russischen Konstruktivisten und Ingenieurs-Künstlern zu sprechen, sondern andererseits zu formulieren, dass man sich „Neben all der Konstruktion … auch eine erotische Komponente vorstellen.“ könnte.

Der kleinste allgemeine Nenner, auf den man Richters Arbeiten bringen könnte, wäre die Baustelle als Motiv. Kai Richter ist kein Konstruktivist, aber er steht dem Konstruktivismus nahe. Es darf jedoch auch untestellt werden, dass die Skulpturen humanistisch geprägt sind nach dem Motto: Ich baue, also bin ich. Kai Richter ist zwar kein Künstler mit einer sozialen Botschaft à la Beuys, aber er weist hin auf das Auf-, Weiter- und Umbauen der Gesellschaft, an dem die Kunst maßgeblich beteiligt ist. Eine Stadterhebung der anderen Art.

(c) Hans-Peter Miksch




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