Nordbayerische Nachrichten, 10./11.2.2018

Wo Schlösser fliegen und Säulen wachsen


"Driftende Bauten": Gruppen-Ausstellung in der kunst galerie fürth zeigt (un)mögliche Architektur


Nachverdichtung ist derzeit Schlagwort der Stadtplanung. Was hat die freie Kunst dazu zu sagen? (Un)Mögliche Architektur zeigt die kunst galerie fürth in einer sehr gelungenen Schau.

"Driftende Bauten": Schon der Titel der Ausstellung macht deutlich, dass die Architekturen hier auf unsicherem Grund und im freien Gelände der Kunst stehen. Mal sind es bizarr-spielerische Visionen, mal sachlich-bedrohliche Entwürfe. Sie alle verbindet der freie, fantasievolle Umgang mit Stein und Beton, Pappe und Keramik. Britta und Ron Helbig aus Berlin zum Beispiel, die als Duo "GODsDOGs" firmieren, haben als echten Hingucker ihren "Ziegenturm" in die Kunstgalerie gepflanzt. Der wirkt mit seinem Architektur-Konglomerat aus Pappe, das aus Ästen wuchert, eher wie ein riesiges Baumhaus. Alle möglichen und unmöglichen Arten von Bauten - vom Wachturm bis zur Kapelle, vom Vogelhaus bis zum Plattenbau - finden hier im Wolkenkuckucksheim zusammen.

Neben den Halbigs hat Galerie-Leiter Hans-Peter Miksch sechs weitere Künstler eingeladen zu dieser Architekturschau der anregenden Sonderbarkeiten. Filip Dujardin zum Beispiel. Der Belgier hat Architektur und Fotografie studiert uind bringt diese beiden Bereiche in seinen Fotocollagen - für die er auf ein Archiv von 160 000 Aufnahmen zurückgreifen kann - auf verblüffende Weise zusammen. Da zeigt er Fassaden von Abbruchhäusern mit zugemauerten oder ramponierten Fenstern. Das sieht auf den ersten Blick aus wie die Realität, entpuppt sich aber als Collage der Tristesse. Erhabenheit und Rohheit zeigt sein "Memorial": Eine Säulenhalle im Nirgendwo und der Pfeilerwald ist so etwas wie ein Musterbuch dessen, was Decken tragen kann - vom Baumstamm bis zur griechischen Säule.

Bildbauten entwirft auch Philipp Schaerer, der lange im renommierten Architekturbüro von Herzog & deMeuron gearbeitet hat. In der kunst galerie fürth ist er mit ebenso kühnen wie kühlen Architektur-Montagen von fensterlosen Rasenhäusern oder bizarren Fachwerkwänden vertreten, die am Computer entstanden sind. Den nutzt auch Roland Boden, um seine düsteren Kompositionen von babylonischen Türmen oder wuchtigen Hochhausfassaden zu entwerfen, die dann malerisch ausgefeilt in Öl auf Leinwand verewigt werden. Heimelig ist da nichts, die martialische Architektur vor betongrauem Hintergrund eher Feind des Menschen.

Spaß und Spiel

Spaß und Spiel bringt Thomas Virnich in die Schau. Zuletzt hat der Künstler aus Mönchengladbach 2002 in der Region im Neuen Museum Nürnberg ausgestellt. Damals gab es unter dem Titel "Fliegende Katakomben" einen Einblick in seine kopfstehenden Pappwelten. Jetzt hat er sie massiv in Bronze gegossen. Drunter und drüber geht es da aber immer noch zu: Der Eiffelturm wird vom Blitz getroffen und steht da wie ein dürres buntes Geäst; Schloss Neuschwanstein ist explodiert und auf Weltraummission mit Raumschiff Enterprise.

Bildhauer Joachim Manz aus Bremen steuert kleine Beton-Rohbauten bei, deren Realisierung beim ein oder anderen Modell durchaus denkbar wäre. Auf jeden Fall fußen sie stärker auf der Wirklichkeit und ihren Bedürfnissen als die gewohnt überbordend fantasievollen Architekturen aus Pappe, Holz und allerlei Fundstücken von Lokalmatador Fredder Wanoth.

Dass die Kunstgalerie sich - übrigens das ganze Jahr über - auf die Spuren von Architektur und Stadtentwicklung macht, kommt nicht von Ungefähr: Vor 200 Jahren wurde Fürth eigenständig. Sieben Ausstellungen zum Thema Architektur und Urbanität hat Miksch deshalb konzipiert. Die nächste bestreitet Marcus Schwier. Der Fotograf aus Düsseldorf zeigt Fürth so, wie er es sieht.

 

Dr. Birgit Ruf




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