Fürther Nachrichten, 11.4.2018

Überraschende Sichtweisen: Schwier fotografiert Fürth


Ein Blick auf Fürth. Der renommierte Architekturfotograf Marcus Schwier aus Düsseldorf nahm die Einladung an, sich ein Bild von dieser Stadt zu machen. Nun sind seine Aufnahmen unter dem Titel "draußen und drinnen – StadtRaumKörper" in der kunst galerie fürth zu sehen: Einblicke der ganz persönlichen Art.

Man sieht nur, was man weiß. Das hat zumindest Goethe behauptet. In der kunst galerie fürth wird der Großmeister in diesem Punkt jetzt widerlegt. Marcus Schwier wusste nichts von Fürth, als er kam, um die Stadt mit seinem Medium, der Fotografie, zu erkunden. Den Ausschlag dazu gab Galerie-Chef Hans-Peter Miksch, der zum 200. Jubiläum der Fürther Eigenständigkeit einen im wörtlichen Sinn Ortsfremden bat, zu einer urbanen Expedition aufzubrechen.

Marcus Schwier verzichtete auf Reiseführerwissen und Google, sondern eroberte sich den unbekannten Stadtraum auf die ursprünglichste Art überhaupt: Er schaute sich um und ließ sich auf Entdeckungen ein. Was zunächst nur als Porträt des Äußeren gedacht war, führte ihn bald auch in die Häuser. Nach einem Aufruf meldeten sich viele, die bereit waren, sich in ihren privaten Räumen von Schwier fotografieren zu lassen. Keine wie auch immer geplante Auswahl also, sondern eine Art von unwillkürlichen Treffen, deren Privatheit freilich weder exemplarisch noch offensichtlich persönlich ist, aber dennoch eine unmittelbare Intimität schafft.

 

Auf diese Weise entstanden Momentaufnahmen in Schwarz und Weiß, deren Reiz nicht zuletzt in dem starken Kontrast zwischen vertrauten Anblicken und völlig unerwarteten Sichtweisen liegen. Der versierte Architekturfotograf hat überraschende Ausschnitte aus den für Einheimische alltäglich gewordenen Straßenzügen und Bauten zu Kompositionen von hohem grafischem Reiz verdichtet.

Sein Einsatz von Infrarotfilmen führt zu einer reizvollen Verfremdung, die die gewohnten Kriterien von Tag und Nacht außer Kraft zu setzen scheinen. Das sind Bilder, in denen Menschen allenfalls als Verursacher der Stadt gewirkt haben. In Erscheinung tritt niemand. Doch der 54-Jährige macht eben auch die Schau der Innenräume möglich. Dabei bewahrt er den Blick des Forschenden, indem er die Bewohner nicht zu Mitwirkenden macht, die posieren. In den weitaus meisten Fällen agieren die Menschen völlig unabhängig von der Person des Fotografen autark in ihrer Umgebung. Die Offenheit, die damit einhergeht, berührt und führt beim Betrachter ganz unweigerlich dazu, sich in Gedanken über die Porträtierten zu verlieren.

Für Marcus Schwier war diese unvoreingenommene Annäherung an Fürth die passende. "Ich bin ein Seismograph", sagt er. "Ich spüre Bilder auf und denke in Bildern." Ein in jeder Sicht spannender Prozess auch für die Betrachter. In der kunst galerie ist es jetzt möglich, Fürth mit fremden Augen zu erleben. Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Marcus Schwiers Aufnahmen erschienen.

Sabine Rempe

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