Nordbayerische Nachrichten, 2.6.2018

Von der Baustelle direkt in die Kunstgalerie


Hier spiegelt sich der allgemeine Bauboom auch in der Kunst: Materialien von der Baustelle sind Kai Richters Markenzeichen. Wie er damit umgeht, zeigt seine Ausstellung "Structuring the Space" in der kunst galerie fürth.

Sperrig sind die Skulpturen, zusammengeschraubt aus Verschalungsträgern, Holzbalken, Metallstangen, Beton und Blechteilen. Mit diesen gebrauchten Bauelementen aus seinem Riesenlager in Düsseldorf rückt der Künstler zu Ausstellungen an und baut seine Werke vor Ort zusammen. Ausnahmslos. Und zwar schon irgendwie immer gleich, aber doch auch in Nuancen anders. "Das hängt vom jeweiligen Raum ab", sagt Richter, der 1969 in München geboren wurde und in Nürnberg aufgewachsen ist. In Düsseldorf war er Meisterschüler bei dem bekannten Bildhauer Hubert Kiecol und hat in Franken zuletzt vor genau zehn Jahren ausgestellt - in der Gruppenschau "Gras wächst" der Kunsthalle Nürnberg.

Dass ihn Hans-Peter Miksch, Leiter der kunst galerie fürth, nun eingeladen hat, die kleinen Räume mit seiner gerne so unhandlichen Kunst zu bespielen, liegt am Jahresmotto "Stadt, Urbanität, Architektur", das sich die Galerie anlässlich der Stadterhebung Fürths vor 200 Jahren gegeben hat.

Roh, hart, robust und schnörkellos wirken die meisten Objekte Richters. Manchmal auch banal, wenn in die Galerie eine schlichte Tribüne aus Holzlatten und Metallträgern gesetzt wird. Ist das Kunst oder Sitzgelegenheit? Platz nehmen ist dort auf jeden Fall ausdrücklich erwünscht. Sehr poetisch und fragil dagegen wirken Richters aus sechs Betonringen (das waren Aufsätze von Kanalrohren) bestehende Arbeit, die den Eindruck vermittelt, als seien Hula-Hoop-Reifen in der Bewegung eingefroren.

Bewegung ist überhaupt ein Zauberwort in Richters Kunst. Die wird ständig auf- und wieder abgebaut, verändert sich dadurch und vermittelt auch den Eindruck, sie sei unfertig oder mitten im Prozess des Auseinanderdriftens oder der Explosion ihrer Einzelteile angehalten worden. An der Konkreten Kunst und dem Minimalismus, so gesteht Richter, sei er im Laufe seiner Karriere gescheitert. Aus gutem Grund: Er wollte stärker "die Welt mit einbeziehen" in seine Kunst - mit Alltagsmaterialien, die voller Gebrauchsspuren sind, die jeder kennt, die auch was aushalten, mit denen er seine ganz eigene Handschrift ausbilden und den Betrachter für die Schönheit des Alltäglichen sensibilisieren kann.

Manchmal hängt er diese Objekte auch völlig unverändert als Ready-mades in die Ausstellungen, so wie das Blech-Rechteck mit der gelben Hochglanz-Lackierung und den Farbverläufen am oberen Rand, die vielleicht von Säure oder Feuer stammen. "Das würde kein Maler so hinbekommen", sagt der Künstler. Noch viel freier als in seinen Bauten geht er in seinen Foto-Collagen mit den Materialien um. Hier ist er nicht an Gesetze der Physik und Schwerkraft gebunden, kann seiner Fantasie und den Konstruktionen Flügel verleihen.

Birgit Ruf

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