In seinem Atelier durchläuft Jürgen Krause täglich mehrere Arbeitsstationen, an denen er wiederkehrende Tätigkeiten wie das Grundieren, Schleifen oder Linienziehen in einem Zyklus vollführt. Die Kurzbeschreibung zur Gruppe der „Werkzeuge“ (seit 2002) lautet: „Ich schärfe Bildhauerwerkzeuge und Messer auf Schleifsteinen unterschiedlicher Körnung. Wenn sie scharf genug sind, führe ich die Klingen ein paarmal über den gröbsten Stein und beginne von vorn.“
Diesen Ablauf wiederholt der Künstler so lange, bis die Klingen so kurz sind, dass ein weiterer Schleifvorgang nicht mehr möglich ist. Der Künstler macht mit jedem Werkzeug sowohl den Weg als auch die Zeit sichtbar, die zum letztlichen Zustand des Objekts geführt hat. Zum eigentlichen Einsatz des in Bereitschaft gebrachten Werkzeugs kommt es nicht. Vielmehr verselbständigt sich die vorbereitende Tätigkeit des Schärfens und rückt somit als qualitativer Bestandteil ins Zentrum der Arbeit. In der Abwesenheit der Klinge ist die Handlung des Schleifens anwesend.
Ein konzentriertes Arbeiten erfordern auch die „Handzeichnungen“ (seit 1998): Sie zeigen vermeintlich industriell gefertigte Karoblätter. Erst bei genauem Hinsehen ist zu erkennen, dass die Linien von Hand gezogen sind – mit einer Perfektion, die jede Linie und auch jede minimale Abweichung kostbar macht, weil sie das Handgemachte gegenüber dem Maschinengemachten hervorhebt. Auch hier verweigert sich die Verselbständigung der vorbereitenden Tätigkeiten der Idee des fertigen Ergebnisses und stellt die für sich stehende Handlung ins Zentrum.
Für die Ausstellung in der Städtischen Galerie lässt der Künstler einen Silberspiegel herstellen. Das glänzende Objekt stellt den Bezug zu Fürth als einstiger Hochburg der Silberspiegel-Produktion her und bildet eine Referenz zur neuen Werkgruppe der polierten „Tafeln“. Hierbei handelt es sich um mehrfach grundierte Blätter, deren Oberflächen immer wieder mit verschiedenen Pigmenten und einem Silberstift bearbeitet werden, so dass erstmals etwas Bildhaftes im Werk von Jürgen Krause aufscheint, das Spuren einer klassischen künstlerischen Handschrift trägt.
Die Ausstellung versammelt neben dieser neuen Werkgruppe von Tafeln auch die Gruppe der Werkzeuge, eine Reihe von Handzeichnungen sowie Grundierungen und den eigens angefertigten Silberspiegel.
Jürgen Krause wurde 1971 in Tettnang geboren. Er studierte an der Kunsthochschule Mainz bei Klaus Vogelgesang und Adam Löffler sowie an der Städelschule in Frankfurt/Main bei Thomas Bayrle. Er lebt und arbeitet in Frankfurt/Main.
Ausstellungsdauer: 26. November 2022 bis 5. Februar 2023
Wir danken für die großzügige Unterstützung durch KochInvest, Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG sowie dem Förderkreis der kunst galerie fürth.
Abbildung:
Jürgen Krause, Schweizer Taschenmesser, 2002-2003, Stahlklinge, Plastikverschalung, Gesamtlänge ausgeklappt 12,6 cm (ursprünglich 20,3 cm), Foto: Wolfgang Günzel, Offenbach