9. September bis 16. Oktober 2005

Oskar Koller (1925 - 2004)


Die kunst galerie fürth plante bereits im Jahr 2002 mit Oskar Koller eine Ausstellung aktueller Arbeiten zu seinem 80. Geburtstag am 16. Oktober 2005 in Nürnberg, Fürth und Erlangen. Nach seinem Tod in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2004 wurde daraus eine Retrospektive mit rund 45 Arbeiten aus dem Nachlass, die in Fürth von 10. September bis zum 16. Oktober zu sehen ist.

Der 1925 in Erlangen geborene Maler, der seit seinen Jugendtagen in Nürnberg lebte und arbeitete - sieht man von den zahllosen Aquarellen ab, die auf Reisen ("pleinair") entstanden sind -, war in seiner Zeit nicht nur einer der bekanntesten und erfolgreichsten Maler Nordbayerns, sondern ein Aquarellist von internationalem Niveau. Vater, Mutter und Großeltern waren Oberpfälzer, die Familie mütterlicherseits war ansässig in dem Malerort Kallmünz, die Entbindung in Erlangen somit lediglich dem Arbeitsplatz der Mutter geschuldet, und Oskar Koller verkörperte die Natur des genügsamen Oberpfälzers, eines eher wortkargen, schwerblütigen Menschenschlags, der gelernt hatte, hart anzupacken in der kleinteiligen Landwirtschaft einer Region, die lange Zeit auf Grund ihrer schwer zu bestellenden, steinigen Äcker den Beinamen Steinpfalz trug. Instinkt und Intuition waren wichtiger als Bücherwissen. Sein unverkennbarer Stil, den er in rund 60 Arbeitsjahren kultiviert hatte, wird seit Jahren häufig sogar kopiert. Die Pole der Komposition sind dabei eine spontane, momenthafte Impression auf der einen Seite und zum anderen ein klarer Bildaufbau mit einer stabilen Bildarchitektur, die äußerst gestisch ausgeführt ist, Ausfluss der großen Erfahrung. Die Flecken und Spritzer, die rasch gemalten flächigen Partien werden durch ruhige Senkrechte oder Waagrechte gebunden. Das Licht, das sich fast schon übersteigert im Weiß des Papiers manifestierte, wurde zum konstruktiven Kompositionsmittel und zum häufig benutzten Bildtitel vor allem für gegenstandsfreie Gestaltungen oder Altarbilder.

Es gelang Oskar Koller, die Leichtigkeit des Aquarells zu übertragen in die Arbeit mit Acrylfarben. Zu diesem Zweck experimentierte er Mitte der 1980-er Jahre sogar mit besonders lichtechten Acryllacken aus der Autoindustrie, die er anfangs auf grundierten, später mit Nessel bespannten Aluminiumplatten vermalte. Als Künstler, der die Anregung der gegenständlichen Welt suchte, aber zugleich die Abstraktion möglichst weit vorantrieb in der Sehnsucht, dadurch etwas Wesentliches sagen zu können, war ihm kein Thema, kein Sujet, aber auch keine Technik fremd: Blumen, Landschaften, Menschen, Architektur, Kosmisches konnten ausgedrückt werden im Aquarell, mit Öl oder Acryl, mit der Lithographie und gelegentlich der Radierung, als Zeichnung oder Collage. Die Kunst der Andeutung und die Verknappung der Mittel waren sein höchstes Ziel, jedoch stets vor dem Hintergrund des Wunsches, mit den Bildern ein anthropomorphes Zeichen zu setzen. Es gab auch Phasen eines beinahe barocken Einsatzes der Farbe. Oskar Koller glaubte an universelle, überzeitliche Kunstgesetzmäßigkeiten. Und je länger er malte, desto mehr wurden die Bildthemen zu Archetypen, die teilweise zu einem einzigen Thema verschmolzen: Die Blumen behandelte er wie Gestalten, die wiederum den Bäumen ähnelten, die, künstlerisches Vermächtnis ersten Ranges, im Lauf der Jahrzehnte zu Persönlichkeiten wurden. Doch ebenso erzählten übereinander gestapelte Stühle in einer griechischen Gasse vom Menschen, während eine Vorliebe für das Motiv Tür und Fenster bekanntlich seit Matisse, den er bewunderte, lesbar ist als Gedanke über Leben und Tod. Das Malerische, die Beziehung von Form, Farbe und Fläche, gerann ihm zu einer zweidimensionalen Körper-Raum-Beziehung.

Die Fürther Ausstellung zeigt drei Themen. Da sind zum einen die Bäume. Bis auf einen alten Olivenbaum handelt es sich eigentlich um Baumstämme, in dramatischer Nahsicht angeschnitten. Der meist isolierte Baum(stamm) ist das Thema, das bis hinein in die letzten Arbeitstage Anfang 2004 noch an Ausdrucksstärke gewann. Unter den Gestalten, die ganz allgemein breiten Raum im Werk einnehmen, sind die Tänzerinnen eine eigene Bildergruppe, die angeregt wurde durch eine erste Balireise Anfang der 1990-er Jahre. Daher wurde versucht, Figurenbilder ausschließlich unter dem Motto ‚Tanz' auszuwählen. Den dritten Aspekt der Ausstellung bilden Collagen, die sich auf Architektonisches beziehen, besonders reife Blätter, die zu Lebzeiten kaum ausgestellt waren, jedoch von Anbeginn an ein gleichbleibend hohes Niveau zeigen, gleichgültig ob sie in den späten 1960-ern und frühen 1970-ern oder erneut in den späten 1990-ern entstanden sind.

So steht diese Auswahl, auf Grund der räumlichen Beschränkung zwar nur einen kleinen Ausschnitt des Kollerschen Kosmos und Oeuvres präsentierend, dennoch für ein bildnerisches Grundinventar, ganz in dem Sinn, wie es der Künstler bereits 1976 für eine Grafikmappe formulierte:

"Durch Freude am Malen wurde ich zum Maler. Ich spürte die Luft, sah die Bäume, die Menschen, die Häuser. An ihren Formen übte ich. Bald erkannte ich, daß ich für das Gesehene Zeichen finden müßte. Ich entdeckte Vorbilder, lernte an ihnen und fand durch sie einen Weg zur Gestaltung und zu mir selbst. Ich fuhr durch fremde Länder und begegnete fremden Kulturen. Ihr Formenreichtum und das Erlebnis des ungebrochenen Lichtes prägten meine Arbeit. Durch diese Eindrücke, durch das Erlebnis der Musik und durch die Auseinandersetzung mit meiner Umwelt entstanden in mir Bildvorstellungen. Ich versuche, Formen und Farben so auf die Fläche zu setzen, daß das Weiß zum tragenden Inhalt meiner Bilder wird und den Zauber des Lichtes spürbar macht. Je differenzierter die Verhältnisse der Formen und Farbwerte zueinander sind, desto eindeutiger, desto persönlicher wird für mich das Bild. Darum bemühe ich mich - in dieser Welt lebe ich."

Zur Beurteilung der Wirkung von Oskar Koller sei hier der Kunsthistoriker Karl Schawelka zitiert, der bereits 1997 schrieb:

"Von der Begabung her zweifellos imstande, auch im internationalen Ausstellungswesen sich zu behaupten, hat er sich früh in seiner Karriere und bewußt dafür entschieden, weiterhin für sein ihm vertrautes Publikum, und das heißt im wesentlichen für private Sammler und Kunstliebhaber tätig zu sein. (...) Sein Entschluß geschah einmal aus künstlerischer Integrität - um eben für Leute, die er versteht und die ihn verstehen, arbeiten zu können, aber auch im Hinblick auf die Chancen, von seiner Kunst leben und sie überhaupt finanzieren zu können. (...) Die autonome künstlerische Tradition, in der Koller steht und die er fortführt, kann sich durchaus eines Tages als aussagekräftiger für die Bundesrepublik der Nachkriegszeit erweisen, als dies heute erscheint."

(cit. Nach K.S., Die Qualität des ‚Kreises'. In: Der Kreis. Nürnberg, 1997, S.20)

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