Fränkischer Tag, Bamberg, 12.5.2007

Fürth zeigt ungebaute Alpträume aus Beton


"Wenn die Irrtümer verbraucht sind, sitzt als letzter Gesellschafter uns das Nichts gegenüber" - Christian Schöner zitiert gerne Brecht. Seit 1985 ist der Diplom-Ingenieur Leiter des Fürther Stadtplanungsamts und fühlt sich in seiner Rolle als Kritiker früherer Verkehrsplanungs- und Bauvorhaben unwohl, denn: "Ich kann auch nicht beurteilen, wie die Nachwelt über Projekte urteilen wird, die wir heute gut finden." Schöner hat zusammen mit seinen Sachbearbeiterinnen Margarita Kaphengst und Steffi Wiegel sowie dem Modellbauer Reinhard Thielsch die Ausstellung "Traum oder Alptraum? - Nichtrealisierte Städtebau- und Architekturentwürfe für die Stadt Fürth" auf die Beine gestellt, die am Freitag eröffnet wurde und noch bis zum 10. Juni in der kunst galerie fürth zu sehen ist.

Die autogerechte Stadt

Die nicht realisierten Bauvorhaben, die er mit seinem Team zusammengetragen hat, verdienen mehrheitlich das Prädikat "alptraumhaft", daraus macht Schöner keinen Hehl. In der Tradition der Architekten und Stadtplaner Johannes Göderitz und Hans Bernhard Reichow, dem Autor des 1959 erschienenen Buches "Die autogerechte Stadt", wurde in den 1960er Jahren versucht, das Fürther Hauptstraßensystem zu optimieren. Das Münchner Planungsbüro Schaechterle entwickelte damals ein System aus Umgehungsstraßen, die alle drei Flusstäler Fürths, das Regnitz-, das Rednitz- und das Pegnitztal, durchschnitten hätten. Schöners Kommentar: "Wenn diese Planungen realisiert worden wären, wären die Flusstäler zerschnitten, zerstückelt und verlärmt worden." Viel hat nicht gefehlt. Erst nach 20 Jahren wurden die Pläne aus dem Flächennutzungsplan entfernt. Vorher, so Schöner, hat wohl nur Geldmangel die Zerstörung des Fürther Naherholungsraums verhindert.

Ein weiteres Exponat, bei dessen Betrachtung dem Leiter der Stadtplanung ein "Gott sei Dank ist das nicht realisiert worden" entfleucht, ist der Bebauungsplan für das Reichsbodenfeld zwischen Dambach und Unterfürberg. Dort sollten Ende der 1960er Jahre Betonsilos mit neun bis zwölf Stockwerken ins Grüne gepflanzt werden. Nach Einsprüchen wurden die Pläne 1977 ad acta gelegt. "Dadurch blieben Dambach und Unterfürberg von eindrucksvollen Demonstrationen der Planungsideologie der 60er und 70er Jahre, die da hieß ‚große Stadt - große Häuser', verschont", kommentiert Schöner sarkastisch.

Doch unter all den monströsen Bauvorhaben aus einer betonverliebten Zeit finden sich auch ein paar Projekte, die Schöner gerne realisiert sehen würde. Dazu gehören die sechs Entwürfe für Multiplexkinos, die vor 10 Jahren geplant wurden.

Thomas Nagel




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