Fürther Nachrichten, 13.3.2007

Die Zeit drängt


Wöchentliche "short stories" in der kunst galerie fürth

Ein dunkelhaariger Mann im hellen T-Shirt blickt aus dem Fenster. Er stützt sich mit einer Hand auf dem Sims ab, so, als wolle er nur kurz einen Blick auf die Straße werfen, ob nicht bald der ersehnte Besuch kommt. Vielleicht sucht er auch seinen Sohn, der sich wie jeden Dienstag zum Fußballspielen mit Freunden verabredet hat. Oder er ist Handwerker im Haus und will nachsehen, ob ein Strafzettel an seinem Auto klebt. Ein Bild, drei Möglichkeiten - und schon ist der Betrachter der Bilder von Barbara Lidfors mittendrin im Geschichten-Ausspinnen. Kurze Storys, die die Menschen auf den großformatigen Ölgemälden gut selbst erzählen könnten.

Wechsel-Ausstellung

"Short stories" nennt die kunst galerie fürth ihre derzeitige Ausstellung, die - zumindest was die Präsenz der einzelnen Künstler im Erdgeschoss betrifft - die kürzeste Schau seit ihrer Eröffnung ist. Die Idee hat Charme: Sechs Frauen präsentieren sich eine Woche lang mit ihren Werken. Jeweils ein Objekt oder Bild ist während der gesamten Ausstellungszeit im ersten Stock der kunst galerie zu sehen. Leiter Hans-Peter Miksch hat jedoch gedanklich viel ins Ausstellungskonzept gepackt: Einerseits Einzelpräsentationen, andererseits Gruppenschau. Dazu kommt eine "Binnengliederung", in der sich jeweils figürlich-gegenständlich Malende mit einer abstrakt-gestisch und einer konzeptuell arbeitenden Künstlerin abwechseln. Und: Zu jeder Vernissage gibt es eine Lesung - dahinter steckt der Gedanke von der Kurzgeschichte. Alles klar?

Die sechs Damen selbst, Ursula Kreutz, Lisa Lang, Barbara Lidfors, Christine Nikol, Gabriele Olesch und Gertrud Wenning, sehen ihre Beiträge zu den "short stories" ganz entspannt. Die eine meint, sie habe eben einfach ein paar Stücke aus ihrem Gesamtwerk gegriffen, die andere betont, für die "short stories" habe sie durchaus ein eigenes Konzept entwickelt. Und Barbara Lidfors, die die Schau heute Abend eröffnet? "Ich habe die Bilder eigentlich extra dafür ausgewählt und gemacht", sagt sie.

Am Anfang war die Fotografie. Mit der Kamera ist Lidfors durch die Innenstadt gelaufen und hat die Menschen im Bild festgehalten, die aus dem Fenster blickten. Einverstanden und begeistert von ihrer Idee, sie schließlich auch auf der Leinwand zu verewigen, seien sie alle gewesen, sagt die Künstlerin.

Mit ein wenig Fantasie, zu der die Verkehrsschilder in der Ausstellung beitragen, spaziert man durch Theater- oder Hirschenstraße, beobachtet die Menschen an ihren offenen Fenstern und kann sich vielleicht ausmalen, was in den Wohnungen passiert oder was sie auf der Straße, vor der Haustüre gerade beobachten - kleine, kurze, Geschichten eben.

Ab aufs Wasser

Mit auf die Flussfahrt nimmt Ursula Kreutz (17. bis 22. April) ihre Betrachter. Auf hauchfeinem Textilstoff ziehen federleichte Wolken und rudern Menschen über ein Gewässer. So zart ist der Digitaldruck, dass die Objekte wie dreidimensional wirken. Ihre Motive stehen im Kontext der Erinnerung, Kreutz erzählt von früheren Erlebnissen.

Jeder Besucher kann sich selbst einen Schluss für die Kurzgeschichten ausdenken, die die Künstlerinnen präsentieren. Schließlich zeigen sie jeweils nur einen Ausschnitt ihres Schaffens. Er muss aber nicht. Am spannendsten ist bekanntlich meist das, was offen bleibt und weitergeführt werden kann.

Martina Hildebrand

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