Fürther Nachrichten, 16.2.2007

Ein Stadtplan aus 1000 Gesichtern

Bitte lächeln: Die kunst galerie eröffnet eine spektakuläre Passfoto-Mitmachaktion


Na, wann haben Sie das zuletzt gemacht? Mit der besten Freundin in den Fotoautomaten gehüpft, Vorhang zugezogen, gegrinst, und nach fünf Minuten gab's ein lustiges, nicht selten peinliches, doch immer sehenswertes Erinnerungsfoto. Manch einer trägt es noch heute im Geldbeutel.

In Zeiten biometrischer Passfotos droht den guten alten Automaten mit den höhenverstellbaren Drehstühlen das Ende. Außer in Fürth, in der kunst galerie. Hier steht eines der seltenen Exemplare mitten im Raum und verspricht "brillante Passfotos". Eine nette Stimme vom Band führt durchs Prozedere, nach ein paar Minuten ist der Viererblock Fotos entwickelt.

Alles schön und gut; aber was, bitte schön, soll das Ganze? Ganz einfach: alle Fürther sind eingeladen, sich in diesem Automaten fotografieren zu lassen. Eines der Passbilder wird an die große Wand der Galerie gehängt. Aus den Porträts entsteht ein Stadtplan der etwas anderen Art.

"1000 Gesichter einer Stadt" nennt Galerieleiter Hans-Peter Miksch diese Mitmachaktion. Timo Behn und Julia Frischmann, Studenten an der Nürnberger Akademie, haben auf die riesige Fläche sehr reduziert Straßen, Umrisse, Bauwerke und Grünflächen gemalt. "Das ist was zum Angucken, der Spaßfaktor steht bei diesem Event im Vordergrund", sagt Miksch mit leicht ironischem Unterton. Wer ihn kennt, weiß: Events sind sein Ding sonst nicht.

Während der Aktion ist zudem eine neue Auswahl der Schwarz-Weiß-Fotos von Horst Schäfer zu sehen. "Leben in Fürth" heißt die Ausstellung, die seit Januar läuft, aber ab sofort mit neuen Motiven. Das Besondere dabei: Sieben Mädchen aus dem Theaterjugendclub des Stadttheaters haben sich zu neun Fotos Texte einfallen lassen. Nach Sympathie und Intuition haben Anna-Sophia Fritsche, Mona Latendin, Silke Teubert, Merien Brütting, Mai Nguyen, Theresa Seraphin und Madeleine Hartig "ihre" Aufnahme ausgewählt. Witzige, aber auch nachdenkliche Gedichte, Textfragmente und Passagen sind so entstanden. Teilweise in Ich-Form formuliert, teils abstrakt, aber immer einfallsreich. So ist auch die äußere Gestaltung der Texte individuell von der jeweiligen Verfasserin abhängig: handgeschrieben, mit dem PC in verschiedenen Schriftarten und diffus oder nach einem bestimmten Muster angeordnete Worte.

Die 16- bis 19-Jährigen sind von dem Projekt ausnahmslos begeistert. "Spannend und interessant" finden es die jungen Schauspielerinnen, "mit ganz reduzierten Mitteln etwas darzustellen". Auf seine Weise passt das Projekt auch ideal zu den "1000 Gesichtern einer Stadt", zeigen die Texte doch gewissermaßen sieben Sichtweisen auf einen kleinen Ausschnitt Fürths.

Zur Eröffnung heute Abend lesen die Verfasserinnen ihre Texte vor. Witziges Detail am Rande: Der Text zu einer Schäferschen Hinterhofszene mit leeren Plastikstühlen, Plastiktisch, Mülltonnen und einem Halbmond an der Hauswand ist aus der Perspektive der Menschen geschrieben, die vorher dort saßen. Der Text wird vom Band kommen, weil die Autorin heute Abend nicht anwesend sein kann.

"1000 Gesichter einer Stadt": Eröffnung heute, 19 Uhr. kunst galerie fürth, Königsplatz 1, dienstags bis samstags 13-18, sonntags 11-17 Uhr. Nur für Schulklassen ist in der Woche vom 26. Februar bis 2. März zusätzlich vormittags von 8 bis 11 Uhr geöffnet. Anmeldung der Schulklassen ist empfohlen unter Tel. 9 74 16 90. Eintritt frei. Bis 4. März.

CLAUDIA BIDNER-WUNDER




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