Abendzeitung Nürnberg, 11/12.03.2006

Licht und Stimmung in der Dunkelkammer

"Camera obscura - Mare": die sehenswerten Lochkamera-Fotos von Günter Derleth in der kunst galerie fürth


Er macht die Dunkelkammer zu einem wahrhaft mystischen Ort romantischer Projektionen: Die "Camera obscura", mit der der Nürnberger Fotograf Günter Derleth hantiert, begegnet dem Besucher schon vor der kunst galerie fürth als Container-großer Blickfang. Innen dann in der Ausstellung "Camera obscura - Mare", die sich bruchlos einfügt in Hans-Peter Mikschs bemerkenswerte Reihe mit Foto-Positionen, stößt man auf die Möglichkeiten, die in den schwarzen Schachteln von verschiedenster Größe stecken. Das ist so raffiniert wie einfach und vom Ergebnis her einfach raffiniert.

Wenn der preisgekrönte Lochkameramann (mit Ausstellungen zwischen Amsterdam und Shenzhen) in sein Objekt der Begierde sticht, ist nicht die Luft raus, sondern Sehnsucht drin: Mit Stecknadeln, manchmal auch mit Laserstrahlen, bohrt er Löcher in geschlossene Pappkartons und lässt dann Licht und Stimmungen herein. Den Badeschluss am Teutonen-Grill etwa. "12m2 Adria" heißt das dann, eingefangen mittels Box im Seekoffer-Format, die Günter Derleth im Mini-Bus von Strand zu Strand transportierte. Die charmante menschenleere Tristesse des vermeintlichen Paradieses zwischen Umkleidekabine und Spielplatz. 12 Rückspiegelungen, jeweils einen Quadratmeter groß und mit dem jeweiligen Negativ ästhetisch gedoppelt.

Ein Leben auf der Entschleunigungsspur: Es sei sein "Kampf gegen den digitalen Wahnsinn", spottet der heute 65-Jährige, der 2002 den digitalen Overkill der Werbefotografie hinter sich ließ und mit diesem archaischen Gegenschlag den Mut zur Muse einfordert - "dass man innnehält". Ein Bild kann hier eine halbe Ewigkeit dauern. Die primitive Konstruktion der Lochkamera (ohne Brennweiten und Blenden) produziert blanke Poesie. Vom Schattenwurf eines Kamerastativs am Lido von Venedig (ein Spaziergang, der ihm den Kodak-Fotopreis einbrachte) bis zum breitgezogenen Meeresblick. Weichzeichnerische Dolce-Vita-Nischen, die schon beim Auslöser dieser malerischen Foto-Kunst - 1992 wanderte Derleth an der Ligurischen Küste mit einer Lochkamera entlang (Motto: "Das Meer ist immer rechts von dir") - ins Auge stechen.

Ein Unterschied wie Schwarz und Weiß zur farbbunten Alltagswelt. Dass Lochkameras auch in Farbe machen können, belegt Derleth auch. Der Vollständigkeit halber.

Andreas Radlmaier




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