Nürnberger Nachrichten, 19.9.2006

Manifeste gegen den Hochmut


Lohnenswerte Entdeckung: Fürth zeigt Werke von Paul Rebeyrolle

2005 ist der französische Künstler Paul Rebeyrolle 78-jährig gestorben. In Deutschland blieb sein Name zeitlebens nahezu unbekannt. Nur ein einziges Mal - 1959 auf der documenta II - waren seine Werke in Kassel zu sehen. In seiner Heimat hingegen galt der 1926 in Eymoutiers im Limousin geborene Künstler als einer der bedeutendsten Maler der Nachkriegszeit, obwohl er sich mit seinem drastischen, an Francis Bacon gemahnenden Naturalismus der in den 50er Jahren stilbildenden Kunstrichtung des Informel konsequent verweigerte.

Dass Rebeyrolle, den Jean-Paul Sartre als Maler der großen Gefühle pries, jetzt erstmals mit einer Einzelausstellung in Deutschland gewürdigt wird, ist der Kunstgalerie in Fürth zu verdanken. Ihr Leiter, Hans-Peter Miksch, öffnet mit einer Auswahl von 14 Gemälden den Blick auf ein hochexpressives, erschütterndes Werk, das keinen Zweifel daran lässt, dass der Mensch dem Menschen ein Wolf ist.

Die ganz großen Arbeiten, wuchtige Assemblagen, in die Rebeyrolle Elektrokabel oder Fensterläden einarbeitete, konnte Miksch nicht nach Fürth holen. Doch auch die hier ausgestellten Arbeiten sind von existenzieller Wucht. Der Mensch erscheint als gequälte Kreatur, hilflos seinen unbenannten Peinigern oder den eigenen Begierden ausgeliefert. Das Bild "Die beendete Flucht" (1980) zeigt eine gipsweiße, mit blutroter Farbe beschmierte Figur, kopfüber aufgehängt, das Gesicht in die besudelte Erde gedrückt. Ein zeitlos aktuelles Manifest gegen den Hochmut und die Folterknechte dieser Welt.

Nicht minder grauenvoll das Bild "Jeder hat seinen Platz" (1978): Nurmehr Abfall sind die fahl-fleischfarbenen Köpfe, die in einem Stapel weißer Kartons hausen. Die "Büste eines Kaisers aus Gips" (1991) ist beredtes Sinnbild für das Bröckeln der Macht, und dass Rebeyrolle auch für sich selbst keine Rettung sah, bringt er in dem Bildnis des auf der umgestürzten Leinwand hingestreckten Malers zum Ausdruck, der von puppenartigen Wesen bedrängt wird, die Engel oder Chimären sein könnten. "Ich komme nicht in den Himmel" hat er das großformatige Selbstporträt von 1979 genannt - ein Titel, den man sowohl auf den von den Abstrakten verpönten Künstler beziehen kann wie auch auf den politischen Rebeyrolle, der zwar nur kurze Zeit Mitglied der Kommunistischen Partei war, seinem Engagement gegen die Unmenschlichkeit aber stets treu blieb.

In einem Videofilm sieht man ihn bei der Arbeit im Atelier, wie er sich an seinen schwergewichtigen Assemblagen abarbeitet. Und man sieht ihn tanzen, auf der Eröffnungsfeier des für ihn 1995 in Eymoutiers errichteten Museums. Diese Ehrung hatte Rebeyrolle nicht gewollt, als das Haus dann stand, hat er sich sichtlich doch gefreut.

Regina Urban
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