Nürnberger Nachrichten, 23./24.04.2005

Kriegsbunker im surrealen Licht


Subversiv und faszinierend: Fotografien von Erasmus Schröter in Fürth

Die Faszination des Zerstörten packte Erasmus Schröter 1989, am Strand des Ärmelkanals. Seitdem er dort einen der Bunker des im Zweiten Weltkrieg errichteten "Atlantikwalls" entdeckte, haben ihn die Zeugen einer gewalttätigen Vergangenheit, die, rau, kaputt, aufgesprengt, selbst wie Opfer der Gewalt anmuten, nicht mehr losgelassen. Mit der Großbildkamera, etlichen Scheinwerfern und Blitzlichtanlagen im Gepäck reiste der 1956 in Leipzig geborene Fotograf immer wieder an die Atlantikküste und inszenierte die dem Verfall preisgegebenen Kolosse als gigantische, surreale Lichtarchitekturen. Einige seiner betörend schönen und zugleich verstörend ambivalenten Bunker-Bilder sind jetzt in der Fürther Kunstgalerie zu sehen.

In Pink und Grün, Türkis und Gelb, in ein frostiges Weiß, in ineinander verlaufende Lila- und Blautöne taucht Schröter die eisenbewährten Betonmonolithen, die er stets zur Blauen Stunde, kurz vor Sonnenuntergang fotografiert. Manchmal scheinen sie beinahe zu schweben, wirken so irreal wie Monumente einer archaischen Kultur mit Pop-Art-Farbüberzug. Die Kriegsruinen mutieren zum romantischen Sujet, so bunt beleuchtet, dass es fast kitschig wirkt. Darüber stolpert der Betrachter bei aller visuellen Faszination, und genau das soll er auch.

"Subversiv" nennt Schröter seinen Umgang mit der Geschichte, der er sich mit dem an der Neonreklame geschulten Blick seiner Generation annähere. Indem er die mit Macht und Gewalt assoziierten Gebäude ästhetisch überhöht und in Kitschfarben taucht, trivialisiert er sie zugleich. "Am Atlantikwall erprobte Vermarktungsstrategie für verdrängte Erblasten", hat ein Kritiker das mal sehr treffend genannt.

Nach Oliver Boberg präsentiert die Kunstgalerie mit Erasmus Schröter Teil zwei ihres Doppelprojekts zum Thema inszenierte Fotografie. Zwei außergewöhnliche fotografische Positionen, die auf ganz unterschiedliche Weise der Frage nach Sein und Schein nachgehen. Auch der zweite Teil ist erstklassig.

Regina Urban
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