Abendzeitung Nürnberg, 26.04.2005

Am Atlantikwall lauert Las Vegas


kunst galerie fürth: Die faszinierenden Bunker-Bilder des Erasmus Schröter

Die Fotografie erobert sich die Kunst - und zwar großräumig und artenreich: Neues Museum Nürnberg (mit den Stars aus dem Folkwang-Museum), Museum Industriekultur, Künstlerhaus und Gemeinschaftshaus (mit dem osterweiterten "Grenzenlos"-Projekt), Städtische Galerie Erlangen (mit Arbeiten des Künstlers "htmrbr", früher bekannt als Gruber) und Jüdisches Museum ("So einfach war das") ermöglichen gegenwärtig die reinste Lichtbilderkette. Die kunst galerie fürth legt jetzt nach und verlegt den so genannten Atlantikwall des Zweiten Weltkrieges in den Leuchtreklamen-Overkill von Las Vegas: Die plüschigen Bunkerbilder des Leipziger Fotokünstlers Erasmus Schröter lässt Hausherr Hans-Peter Miksch im Ausstellungs-Zweiteiler "Der verstellte Blick" den erschwindelten Wirklichkeiten des Fürthers Oliver Boberg folgen. Da gibt`s was auf die Augen.

So farbgrell und abseits handelsüblicher Doku-Strenge hat noch keiner die betongrauen Relikte einer durchgeknallten Burg-Mentalität, die sich heute noch tausendfach an den Küsten findet, ins Licht gerückt. Mit schwerem Generatoren-Gerät, Schweinwerfern und Farbfolien rückt Erasmus Schröter, der bei einem England-Urlaub erstmals "derartig in den Bann gezogen" wurde, den Bunkern seit über einem Jahrzehnt auf den stählernen Leib, illuminiert sie und hebt sie damit aus der Zeit. Architektur und Ästhetik treten hervor, so vertraut und fremd wie eine antike Grabungsstätte aus der Bauhaus-Zeit.

In wahrhaft wandfüllendem Format (die Fotos sind bis 2,40 Meter breit) schwebt da bröckelnde Erinnerung im leuchtend blauen Meer - die Langzeitbelichtung macht aus der Dünung unwirkliche Nebelbänke. Der gesprengte U-Boot-Hangar im Kieler Hafen könnte ein auf den First gefallenes Haus sein. Und wenn man schon dabei ist: Die Hochbunker, aus deren Höhlen es kontrastfarben funkelt und deren Fassaden mitunter im Goldglanz erstrahlen, könnten Fußstümpfe von Kolossalstatuen und Reste von Ritterhelmen sein.

Die poptrunkene Brillanz und Leuchtkraft ist enorm - unverfälschtes Ergebnis der Blauen Stunde, in der Schröter unterwegs ist. Auferstanden aus Ruinen ist da Kitsch und Romantik. Vom "subversiven Umgang mit diesen Dingen" spricht der nachgeborene Fotograf (48), dem es um "Scheitern, Vergehen und Geschichte" geht. Auch um Doppelbödigkeit eines Farbrausches ohne Katerstimmung, wenn er mit "Mitteln der Werbung" bei Objekten arbeitet, die sich eigentlich nicht bewerben lassen. Dass das Ergebnis in digitalen Zeiten vielleicht einfacher zu haben sei, verneint Schröter vehement. Am Computer könne man das gar nicht einfärben.

E i n e Berufsgruppe kann Schröter nach eigener Erfahrung für diese aufregenden Aufnahmen nicht begeistern: "Ein Militär sagt: Ein Bunker in Pink - und wendet sich ab." Es gibt eben unumstößliche Weltbilder.

Andreas Radlmaier
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