Abendzeitung Nürnberg, 2./3. 04. 2005

Peking, Berlin und Fürth

Zum Mitsticken: Rauminstallation von Qin Yufen in kunst galerie


Der zu hastige Schritt durch die sich automatisch öffnende Tür in die kunst galerie fürth wird abrupt von einem haushaltsüblichen Wäscheständer gestoppt. Dem ersten einer ganzen Reihe, die sich im Bogen durch den Raum zieht. Wäscheständer mit einigen wenigen bestickten Kissenhüllen, die auf textile Gesellschaft zu warten scheinen oder auf die Person, die sie behängen wird. Daneben lädt eine Rolle gelben Seidenstoffs ein, bestickt zu werden. Stickrahmen und -garne, Nadeln und Scheren sind zur Hand. Die chinesische Künstlerin Qin Yufen hat die Galerie zu einem Raum gemacht, der nicht nur betrachtet, sondern belebt werden will: "Live. Hier und Dort".

Hier und dort, das sind für die Künstlerin China und ihre Wahlheimat Deutschland, der sie vor 20 Jahren erstmals einen Besuch abstattete und nach einem anschließenden Stipendium nicht mehr den Rücken gekehrt hat. Hier und dort, das sind für Qin Yufen Peking und Berlin, die Metropolen, zwischen denen sie heute pendelt. Hier und dort hat Qin Yufen Straßengeräusche gesammelt, die sich in der Galerie überlagern. Der Klangteppich für eine Rauminszenierung mit Werkstattcharakter.

Wer die Arbeiten von Qin Yufen nicht kennt oder sich vielleicht an ihre Ausstellung mit abstrakter Malerei 1987 im Nürnberger Kunsthaus erinnert, sollte einen der ausgelegten Kataloge vergangener Ausstellungen zur Hand nehmen. Sie zeigen, dass die 51-jährige die Malerei zugunsten von Raum- und Landschafts-Installationen und -skulpturen aufgegeben hat. Skulpturen aus Stoffen und Reispapier, Stacheldraht und Luftballons, getrockneten Lotosblättern und seit den 90er Jahren immer wieder Wäscheständern. Großskulpturen von atemberaubend schlichter Schönheit und voller Poesie, die in Fürth in den als erfrischend bunte Mischung präsentierten Details zu spüren ist: in ein paar scheint`s auf dem Boden vergessenen Bambusstangen, im Fächer-Stapel im Eck, in der Wäscheständer-Reihe, die mit wechselndem Standpunkt immer neue überraschende Bilder bietet.

In Qin Yufens Rauminstallationen finden Fragmente früherer Arbeiten zu neuen Werken, Vergangenheit zu Gegenwart, Tradition zu moderner Kunst, und auf ganz unaufdringliche Weise das Hier zum Dort. Qin Yufen ist Vermittlerin zwischen den Zeiten, Kulturen und gerne auch zwischen Betrachter und Kunst, wenn sie etwa das Publikum zum Sticken einlädt und es dafür mit einem Päckchen Jasmintee oder einem Fächer belohnt. Als wäre die Ausstellung nicht schon genug.

Ute Maucher




Copyright: © kunst galerie fürth 2007
https://www.fuerth.de/kunstgaleriefuerth/desktopdefault.aspx/tabid-572/