Nürnberger Zeitung, 16.01.2004

Mit Schwung ins Schwarze

Werner Knaupps Vulkane und Gerhard Rießbecks Nordmeerbilder in Fürth


Sein blaues Wunder währte nicht lang. Kurz vor der Ausstellung in der kunst galerie fürth war Schluss damit - Werner Knaupp hatte alles Bunte dunkel übermalt. Ins Meer brandende Vulkanschlöte: schwarz. Wellen als brüllendes Gebirge: schwarz. „Ich will ja keine Welt machen“, sagt er. Stattdessen Psyche zu Malerei.

Sturm und Drang

Zumindest das ist nicht neu. Was für die radikalen, stets von existentiellen Grenzsituationen durchtränkten Skulpturen und Kohlezeichnungen der frühen Jahre galt, hat nun auch das jüngste Schaffen des 67-Jährigen mit Acryl erfasst: Statt die Klippen der Seele zu umschiffen, hält er voll drauf mit der Kunst. Knaupps Sturm und Drang: Konfrontation.

Knaupp hat also fast alles schwarz werden lassen für die Ausstellung „Heißkalt“ mit dem Maler Gerhard Rießbeck. Hat in Kauf genommen, dass der frisch gedruckte Katalog bereits bei der Auslieferung „überholt“ ist. Für die Gegenüberstellung mit seinem früheren Schüler ist er nun in Fürth ins kalte Wasser gesprungen. „Der Bonus des Studenten ist weg. Der Bonus des Meisters auch“: Knaupps dramatische Vulkan-Motivik hängt Rießbecks kühlen Nordmeer-Gemälden gegenüber. Mit dem Ergebnis, dass sich hier vor allem der Meister warm anziehen muss.

Rießbeck malt in Öl: Dunkles Wasser, lichtes Eis, magische Landschaften, Bild geworden in feiner Präzision. Es sind kühle Blicke auf blaugrau grundierte Weiten, schwimmende Schneebretter, Eisbergbrocken. Der 39-Jährige, dessen nordischer Bilderfundus zum großen Teil von einer Nordmeerfahrt mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ vor vier Jahren herrührt, malt Natur. Unnahbar ist sie, und von stillstehender, berückender Schönheit zugleich.

Dramatischer prangen dagegen Knaupps wasserumtobte Vulkanmotive an den Wänden. Aus schwarzen Wellengebirgen ragen dunkle Bergkämme auf. Vorbei ist Knaupps kurze Phase der eher geometrischen Trichter, die feuerfarben funkelten oder vor buntem Horizont aufstiegen. Knaupps Bilder mögen sich zuweilen am Rande des Pathos befinden. Sie wirken durchlebt, innseitig - dicht.

Düstere Bewegung

Mit seinen jüngsten Albtraumbildern voll düsterer Bewegung und weißer Gischt scheint ein neuer Weg eingeschlagen, einer, der wegführt von der zuweilen fast klinischen Austariertheit der Farbflächen - der hinführt zu brodelnder Innigkeit im groben Strich. So kommt etwa ein Gemälde ganz ohne Vulkankegel aus, das zu den bestechendsten der Schau zählt. Auch hier birst in Wellengebirgen alle Naturgewalt - doch beschweren nicht wuchtige Feuerkelche den Bildraum. Knaupp hat stattdessen einen Strudel komponiert, der mitreißt in die dunkle Masse Malerei, weg von linearer Figürlichkeit. Ein Satz, den schließlich Rießbeck sagt, könnte ebenso gut von Knaupp stammen: „Die großen Abgründe liegen für mich nicht in der Natur, sondern in der menschlichen Psyche.“

Was - und das wiederum gilt nur für „den Schüler“ - Heiterkeit nicht ausschließt. Die Zeichnungen aus der „Schneemann-Serie“, als wärmende Fingerübung während Rießbecks Nordmeer-Fahrt an Bord der „Polarstern“ entstanden, runden die sehenswerte Ausstellung in der fürther kunst galerie ab. Natur und Psyche werden darin indessen ganz anders verknüpft. Die Schneemänner „menscheln“. (Katalog € 8,-)

Christian Mückl




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