Nürnberger Nachrichten, 17.5.2004

Poesie aus getrocknetem Hanf


Symbolhaltiges mit einfachen Mitteln: Ute Vauk-Ogawa stellt in der Fürther Kunst-Galerie aus

Alles Werden in der Natur ist ein Verdichten, Verhärten und Verschmelzen einer Masse. So entstehen Gestaltungen, die wir als überzeitlich schön und "richtig" empfinden. Die Plastikerin Ute Vauk-Ogawa entwickelte in den 80er Jahren eine künstlerische Methode, die sich auf subtile Weise an jenen Formbetrieb der Natur anlehnt. Eine Auswahl aus ihrem mittlerweile beachtlichen Fundus biomorpher Objekte und Installationen zeigt nun die städtische Kunst-Galerie in Fürth.

Die faserigen Stengel und Blätter der Hanfpflanze, die seit jeher zu Schnüren, Seilen und Geweben verarbeitet werden, sind ein erstaunlich anpassungsfähiges und zähes Material, das für Ute Vauk-Ogawa quasi zum Inbegriff des Lebendigen wurde. Der geklopfte Hanf ist weich und fließend wie Wasser. In dieser Form bildet er bei der Künstlerin gelb eingefärbte "Kaskaden", die in breiter Front von der Decke der Ausstellungshalle herabströmen. Die trockenen Hanfsträhnen beginnen sofort zu verfilzen und zu verhärten, wenn sie mit Flüssigkeiten aller Art in Verbindung kommen.

Vauk-Ogawa versteht es, diese Reaktionen zu nutzen. Die Mitarbeit des Materials ist die wichtigste Grundlage ihrer individuellen Ästhetik, die nicht zufällig eine gewisse Verwandtschaft mit der "Arte Povera" aufweist, aber ebenso mit der auf Versenkung zielenden japanischen Objektkunst eines Satoshi Kamo.

"Elan vital"

Auch Ute Vauk-Ogawa ist nicht in erster Linie eine selbstherrliche Macherin, sondern eine nachempfindende Beobachterin. Ihre "armen" Gestaltungsmittel werden von ihr zu schlüssigen Chiffren für einen allwirksamen "Elan vital" arrangiert. Pflanzenteile werden zu Blutgefäßen und Zellstrukturen, zu Insektenpuppen und Spinnenbeinen oder zu Ei und Samenkapsel.

Technikwahn

Dass der zurzeit wieder schwer vom Technikwahn gebeutelte Mensch letztlich nicht mehr ist als einer der vielen Teilhaber am ständigen natürlichen Wandel, an der beständigen Metamorphose unserer Welt, verdeutlicht die beeindruckendste Installation der Fürther Ausstellung: Wachsidole von traumhafter Reinheit und makelloser Ebenmäßigkeit entschlüpfen einem schützenden Kokon, der als Hohlform das eigentliche Sein, das naturhafte Urbild bewahrt.

Einem fast rituellen Arbeitskonzept folgend, transformiert die Künstlerin, die 2002 den 2.Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten erhielt, ihre organischen Materialien in ein anrührend poetisches Symbol für jene elementare "Heimat", jene absichtslos in sich ruhende Existenz, nach der sich die menschliche Seite ewig sehnen wird.

Bernd Zachow
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