Fränkischer Tag, Bamberg, 08.07.2004 (textgleich im Donaukurier, Ingolstadt)

Vielseitiger Dadaist der ersten Stunde


Bemerkenswerte Ausstellung: Raoul Hausmann in der Städtischen Kunstgalerie Fürth

Die Städtische Kunstgalerie Fürth widmet dem Dada-Künstler Raoul Hausmann (1886-1971) eine kleine, aber feine Ausstellung.

Sie stellten die Kunst auf den Kopf und entkleideten sie ihrer Aura des Schönen, Wahren und Guten. Dafür setzten sie Banales und Triviales, Alltägliches und Gewöhnliches - und schreckten auch nicht davor zurück, den Buchstabensalat "fmsbw" zum "optophonetopoetischen" Kunstwerk zu erklären. Diese Art von lautmalerischer Poesie hatte Raoul Hausmann erfunden, ein Dadaist der ersten Stunde.

Raoul Hausmann war als Künstler in allen Sätteln gerecht, was sich schon an der Auswahl von 41 Bildern, Zeichnungen, Collagen, Fotografien und Fotomontagen zeigt, die Hans-Peter Miksch, Leiter der Städtischen Galerie Fürth, zusammengestellt hat. (...) Und sie geben Einblick in die Vielseitigkeit des Malers, Zeichners, Performers, Fotografen und Schriftstellers Hausmann, der vor allem in den Dada-Zeiten der 20-er Jahre Furore machte. Auf Hausmanns Bildwortlautspielereien, in denen er Buchstaben, Laute, Chiffren und Zeichen zusammenmixte, ging die berühmte "Ursonate" von Kurt Schwitters, mit dem Hausmann befreundet war, insofern zurück, als Schwitters die erste Fassung des verstörenden Nonsens-Gedichts als Hommage an Hausmann "komponierte".

Aus der Zeit der -Ismen, wo die Avantgarde sich den Expressionismus, den Abstraktionismus und den Dadaismus erfand, datiert auch Hausmanns "PRÈsentismus", der sich nicht nur in seiner Lautpoesie, sondern auch in Improvisationen und Provokationen und in der "Augen-Blicklichkeit" von Kunstwerken niederschlug, die sich nicht nur ständig veränderten, sondern von einem Augenblick zum anderen auch verschwanden. Was wohl auch auf den aufregenden Lebensweg Hausmanns zurückgeht, den die politischen Umstände durch halb Europa trieben, von Wien, wo er geboren war, über Berlin und Deutschland, das er 1933 verlassen musste, nach Zürich, Prag und Paris.

Mit Hannah Höch zusammen hatte Hausmann in Berlin die Fotomontage entwickelt und den Tanz und die Musik entdeckt. Seine künstlerischen Hervorbringungen, von seinem ersten Gemälde bis hin zu den späten Fotografien, die beispielhaft in der Fürther Ausstellung vertreten sind, liefen immer auf das Gesamtkunstwerk hinaus. Erst in seinen späten Jahren konzentrierte sich Raoul Hausmann, der im französischen Limoges sesshaft geworden war, ausschließlich auf die Fotografie und Architekturen, aber auch Experimente mit Infrarotaufnahmen und Fotogrammen, zu denen er keine Kamera benötigte, sondern direkt auf lichtempfindlichem Papier experimentierte.

So betrachtet, ist die Fürther Ausstellung eine Wiederentdeckung eines Künstlers, der zu Unrecht immer mehr in Vergessenheit zu geraten droht.

F.J. Bröder
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