Der neue Tag, Weiden. 06.07.2004

Visionär und Wortkünstler


"kunst galerie fürth" zeigt Werke des Dada-Vertreters Raoul Hausmann

Die Dadaisten revolutionierten die Kunst nach dem Ersten Weltkrieg. Das Bekenntnis, dass die bürgerliche Kultur und Kunst nach der Tragödie der Völker überholt sei und anderen Gesetzen Platz machen müsse, rief einige Künstler auf den Plan. (...)

Einer der bedeutenden Künstler des Dada war der Deutsch-Österreicher Raoul Hausmann. Geboren 1886 in Wien, verstorben 1971 in Limoges, war er eine Persönlichkeit mit ungeheurer Ausstrahlung. Die Unbequemlichkeit seiner Kunst und die absolute Originalität der in eine revolutionäre Philosophie eingebetteten Werke, weisen ihn als Außenseiter sowie gleichzeitig als Pfeiler einer Kunstepoche aus.

Hans-Peter Miksch, Leiter der Stadtgalerie Fürth am Königsplatz, hat mit der Ausstellung "Raoul Hausmann" für eine kleine Sensation gesorgt. Über 40 Werke Hausmanns konnte er für sein Haus zur Ausstellung von der "Fondation Hausmann" ausleihen, die bis 8.August zu sehen sind.

Beim Betreten der Galerie, die sich in ihrer hellen Sachlichkeit für das Hausmann`sche Oevre hervorragend eignet, liest man über das bewegte Leben des Künstlers, der immer wieder vor den Nazis fliehen musste und schließlich und aufgrund der wieder erlangten deutschen Staatsbürgerschaft von der Bundesrepublik eine Rente zum Überleben erhielt. Hausmann war zwei Mal verheiratet und unterhielt drei feste Beziehungen. Wie seine Kunstaussagen, so entfaltet sich sein Leben ebenfalls abenteuerlich.

(...) Fotografien aus den 30-er Jahren und später zeigen das weite Experimentierfeld Hausmanns, der zu den Miterfindern der Fotomontage zählt. Akte und Landschaften ("Limoges"), die Spiegelung der Architektur in einem schwarzgelackten Auto oder die weiße Kopftuchparade der Bauersfrauen in der Kirche ("Prozession") sind Exponate in Fürth. Für Hausmann sind die Topfdeckel im Detail Kunstobjekte.

Fotomontagen oder Fotos, die durch Mehrfachbelichtung Konturen von Architektur betonen, öffnen die Augen für das bewusst Wahrzunehmende. Collagen, Bleistiftzeichnungen und Gouachen zeigen einen anderen Künstler: Die berühmte "Dada-Heuschrecke" (1965) bringt es mit kargen Strichen zweifarbig auf den Punkt: Das Spiel mit den Buchstaben, das bei Hausmann eine gewichtige Rolle innehat, ist in einigen Beispielen belegt. Ein frühes Exempel der abstrakten Schafensperiode ist im Ölgemälde "Nu bleu" (1916) zu sehen: Gelb, Rot und Blau beherrschen die Aktdarstellung, deren Linien sich überschneiden und dabei dennoch das Frauenantlitz offenbaren.

Hausmanns freundschaftliche Verbindung mit Kurt Schwitters bestand lebenslang. Relikt einer von beiden Künstlern geplanten Kunstzeitschrift ... ist ein Titelentwurf ("PIN"). Hausmann der Bildkünstler und stringente Wörterpoet, wirkte auch als Kunstphilosoph. Er hinterließ etwa 15000 Manuskriptseiten. Dass er seine Visionen durch Tanz und Lautpoesie vermittelte, zeugt von der Vielschichtigkeit seiner Ausstrahlung.

Bruno Neumann
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