Nürnberger Nachrichten, 27.9.2004

Auseinandersetzung mit dem spezifisch Deutschen


Außenansichten und Innenwelten: Werke ausländischer Künstler in der Fürther Ausstellung "Destination Germany"

Manche Zeitgenossen behaupten, dass in einer Gegenwart der grenzenlosen Mobilität und globalen Vernetzung die Standortfrage allenfalls noch im Bereich der Ökonomie von Bedeutung ist, auf dem Gebiet der kulturellen Entwicklung sei es hingegen längst einerlei, wo etwas entsteht. Dem widerspricht auf anschauliche Weise die Ausstellung "Destination Germany" (Bestimmungsort Deutschland), die Hans-Peter Miksch, Leiter der Kunstgalerie Fürth, exklusiv für sein Haus zusammengestellt hat.

"Destination Germany" vereint Arbeiten von vier Künstlern, die aus den USA, aus der Republik Irland und aus Wales stammen, aber seit vielen Jahren (auch) in Deutschland leben. Zu sehen sind Bilder und Objekte, die vielleicht nicht nur für ein deutsches Publikum gemacht wurden, doch ganz sicher in Auseinandersetzung mit dem, was die Macher jeweils als "spezifisch deutsche" Denk- und Verhaltensmuster betrachten.

Dabei kommen sie zu doch recht überraschenden Positionen. Während einheimische Künstler nicht selten aus Angst vor dem vermeintlich Provinziellen in ein Allerwelts-Epigonentum flüchten, sprechen ihre in Fürth präsenten angloamerikanischen Kollegen völlig unbefangen von Deutschlands "zentraler Rolle für Europa zu Beginn des 21. Jahrhunderts" und von dessen "einmaliger kultureller Tradition".

Für Liz Bachhuber, deren deutsche Vorfahren im 19. Jahrhundert nach Nordamerika auswanderten, ist "Germany" seit ihrer Kindheit eine ferne zweite Heimat. Als sie in den 80er Jahren ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erhielt, machte sie sich auf die Suche nach ihren europäischen Wurzeln. In der Fürther Schau zeigt sie eine drei Meter hohe, an ein Vogelnest erinnernde Konstruktion aus Birken-Schösslingen, in deren Innern ein fahrbares Baugerüst aus Leichtmetall steckt. Die Skulptur versinnbildlicht das von Bachhuber angestrebte Zugvogel-Dasein: pragmatisch, offen für das Andere, ohne die eigene Art zu verleugnen.

Der Maler David John Flynn übersiedelte 1980 aus den USA nach München. "Ich hatte das Bedürfnis, meine Malerei zu vertiefen", sagt er. Der Ortswechsel sollte den Weg ebnen zu einer Kunst, "die eine eigene Position darstellte". Das Ergebnis sind Bilder, die eine eigenwillige Verknüpfung unterschiedlicher Einflüsse zeigen: Raumillusion und Farbfeld, "Pattern Painting" und delikate Valeurs.

Das Nebeneinander heterogener Elemente ist nicht unbedingt nach dem Geschmack des aus Wales stammenden Jon Groom, der mehrere Ateliers in Deutschland unterhält. Seine Serie in Fürth heißt "The Translations" (die Übersetzungen, Übertragungen). Indem sich der Künstler auf rechte Winkel und Flächen beschränkt, initiiert er die Farbuntersuchung als malerisches Sujet. Durch kastenartige Bildträger und eine höchst differenzierte Pinselschrift erreicht er eine Dynamisierung und Verräumlichung seiner Tafeln.

Solche Arbeiten konnten nach Grooms Meinung nur in Deutschland entstehen. Wie sein Freund Sean Scully ist er überzeugt von der "Ernsthaftigkeit", mit der hier zu Lande Kunst gemacht und rezipiert wird. Scully, geboren 1945 in Dublin, ist seit 2002 Professor an der Kunstakademie in München. In einem Katalogbeitrag zur aktuellen Ausstellung bekennt der Bewunderer deutscher Romantik: "Ich bin hierher gekommen, um für das Spirituelle in der Kunst einzustehen." Er zeigt zwei riesige Gemälde, deren glühende Farbigkeit sich auf einer tief schwarzen Grundierung entfaltet.

Bernd Zachow
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