Fürther Nachrichten, 12/13.04.2003

Vergänglichkeit in Ahnen-Gläsern


Gegen die Reizüberflutung: Kollers und Ueckers "Totentanz II"


"Am liebsten wäre mir, wenn sich der Besucher für die Ausstellung viel Zeit nehmen und sich langsam an das Thema Tod und Vergänglichkeit herantasten würde", formuliert Herbert Koller seine Wunschvorstellungen. "In der heutigen Zeit wird man in den Medien zu dieser Materie reizüberflutet, und dennoch lässt sich die Distanz dazu nicht überbrücken." Der Vanitas-Gedanke und der Tod stehen im Mittelpunkt der Ausstellung "Totentanz II" in der kunst galerie fürth. Zusammen mit Günther Uecker sind hierzu ganz unterschiedliche Arbeiten entstanden.

Von Unkraut überwuchterte Stufen, ein einzelner Soldatenstiefel, der im Wald liegt, Geschirr und ein zerwühltes Bett - Zeugen einer überstürzten Flucht. "memento mori" ist Günther Ueckers Bilderreihe betitelt, die das Gelände einer 1995 verlassenen Sowjetkaserne in Mecklenburg zeigt und Vergänglichkeit in ihrer eindringlichsten Form darstellt. Die Natur fordert erbarmungslos ihr Recht zurück. Die dicke schwarze Farbe, die der Künstler mit den Fingern auf die Fotos aufgetragen hat, und die großen Nägel, die er durch die Bilder treibt, verstärken den Zerstörungseffekt zusätzlich.

Für Herbert Koller, der 1985 Meisterschüler bei Günther Uecker war, stehen die Ahnen im Vordergrund seiner Werke. Sie haben das Leben der Vergangenheit geprägt, und Menschen der Gegenwart werden als zukünftige Ahnen weiterbestehen. Ausdruck findet dieser Kreislauf in Kollers "Gläser der Ahnen". 38 überdimensionale Kelche stehen jeweils auf einem Tischchen. Im Fuß der Gläser ist die Ahnenreihe abgebildet. Je länger sie ist, desto größer ist das Glas ausgefallen. "Körperlich sind die Ahnen nicht mehr anwesend, trotzdem kann man aus ihnen trinken wie aus einem Glas, das auch ebenso durchscheinend ist wie die Erinnerung", erklärt Herbert Koller.

Provokante Aussage

Fasziniert ist Koller in diesem Zusammenhang auch von Mumien, die er schon während seiner Studienzeit in Palermos Katakomben fotografisch festgehalten hat. Jetzt dienen sie als Hintergrund für seine Bildtafeln, die an eine Ahnenreihe erinnern und die provokante Aussage "Kunst unterstützt die Wirtschaft" tragen. Kunst stellt für ihn ein hochkomplexes Strukturprinzip dar, das durchaus auch die Ökonomie beeinflusst.

Ganz anders, aber kaum weniger provokant ist Ueckers Skulptur "Hervorgebracht", bei der man sich an die künstlerische Umsetzung der Büchse der Pandora erinnert fühlt. Fleckige Tücher steigen bedrohlich aus einem rabenschwarzen Ölfass hoch, an dessen Seite scharfklingige Messer baumeln. Es muss das Unheil sein, das aus der Tonne steigt; dem Betrachter drängen sich förmlich die Bilder der New Yorker Terroranschläge auf und damit die Assoziation, dass auch hier plötzlich ein böser Geist aus der Flasche oder eben Tonne entkommen ist.

Doch obwohl derlei Verknüpfungen auch bei Herbert Koller oft nahe liegend scheinen, versteht er sich nicht als ein politischer Künstler. "Politik oder jetzt eben der Krieg motivieren mich nicht zur Kunst. Manchmal treffen die beiden Sparten eben einfach zusammen."

Fruchtbare Verbindung

Im Kunstmuseum Ratingen waren die beiden Künstler bereits 2001 mit der Ausstellung "Totentanz I" vertreten. Die oftmals nicht ganz einfache Konstellation von Schüler und Lehrer erwies sich bei den beiden als eine äußerst fruchtbare Verbindung. Wichtig ist Koller dabei jedoch zu betonen, dass sie völlig eigenständige Arbeiten geschaffen haben, denen lediglich eine Schnittfläche gemeinsam ist.

Zurueck Zurück Versenden versendenDrucken drucken
2021 © kunst galerie fürth - Impressum