Nürnberger Zeitung, 13.09.2003

Nebel der Erinnerung


Malerei und Zeichnungen am Rande der Figürlichkeit


Ungesund sehen sie aus: Vater, Mutter und die Kinder. Beim Porträt artig zusammen hockend, doch die Gesichter wie schaurige Schatten ihrer selbst. Schon die Kleinen mit Augenringen - war es so?

Franziska Hufnagel malt, wie Erinnerung wirkt. Realität und Fiktion verschwimmen. Es hat also seinen Grund, dass die kalkweißen Köpfe ihres Gemäldes "Familie" chimärenhaft aus schwarzer Grundierung heraus leuchten und rumpflos sind: Die Nebelkammern des Vergessens komponiert die 1967 geborene Künstlerin gleich mit.

Hufnagels dunkle Bilder bergen das Flüchtige. In den Zeichnungen ihres einstigen Kunstprofessors Hans Baschang, mit dem sie in der kunst galerie fürth ausstellt, finden sie - zumindest in dieser Hinsicht - einen Widerhall. Ansonsten haben die Papierarbeiten Baschangs mit den überwiegend großformatigen Acrylbildern seiner Meisterschülerin insgesamt wenig gemein. Dass Baschang sich zeichnerisch große Anerkennung erarbeitet hat, ändert nichts daran, dass er eigentlich von der figürlichen Malerei kommt. In den 1950er Jahren war der 1937 geborene Karlsruher, der lange in München lehrte, einer der Hauptvertreter der "Neuen Figuration", der damaligen Bastion gegen die ungegenständliche, informelle Kunst. Eine große Zäsur erfolgte offenbar bis heute nicht. Besonders in den gestisch geprägten Blättern der Schau wird die Entscheidung fürs Figürliche mit mehr oder minder drastischen Abstrichen erkennbar. Inmitten knäueliger Liniengeflechte, die für Dynamik sorgen, sind die klar gefassten Formen etwa von Schrauben, von Gelenken oder Gefäßen erkennbar. Baschang sagt, dass er irgendwann beschlossen habe, die Farbe wegzulassen - Ballast, der beim Streben nach Bilddynamik hinderlich sei. Zeichnungen fertige er an wie ein gemaltes Bild.

Übertüncht

Während der Reiz von Baschangs Arbeiten dennoch in ihrer Räumlichkeit und immer abgeschlossenen Form liegt, ist es bei Hufnagel tatsächlich der weitgehende Verzicht auf Farbigkeit, der ihre Gemälde an Intensität gewinnen lässt. Die Bilder changieren zwischen Porträt und Historienmalerei, persönlichem Eindruck und Zeitgeschichte. Häufig dienen der Malerin alte Fotografien als Vorlage, immer sind Menschen zu sehen. Hufnagel übertüncht mit dem Pinsel, gleich der verschleiernden Wirkung von Zeit. Pointiert inszeniert sie so die Abgründe der Wahrnehmung, samtschwarz grundiert. Womit sie in Erinnerung bleibt.

Christian Mückl
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