Abendzeitung Nürnberg, 08.11.2002

Blüten im Schmuckkästchen

Moneten-Dom und Bank-Macht: Die neue kunst galerie fürth im "WährungsTausch"


Man hätte bald, spottete Fürths Kulturreferent Karl Scharinger gestern bei der Eröffnung, das 50-jährige "Nichtbestehen" einer städtischen Kunsthalle feiern können. So lange wird schon um das passende Domizil und Konzept gerungen. Die Größe ist mit den Jahren offenbar nicht mit gewachsen, wie das "Schmuckkästchen" (so Oberbürgermeister Thomas Jung) und die offizielle Schreibweise belegen. "Klein aber fein" soll die kunst galerie fürth - in einer stillgelegten Kreissparkasse direkt neben dem Rathaus - nach dem Willen des Kulturreferenten sein. "Klein aber beweglich" nach dem Willen des Galerieleiters Hans-Peter Miksch. Der plant für 2003 sieben Ausstellungen und steigt mit einer schlüssigen Konzept-Idee ein: Die Gruppenschau "WährungsTausch" zahlt es der Geldwelt mit gleicher Münze zurück. Die Kunst ist eine Bank - ohne Lizenz zum Gelddrucken.

Die Kunst ist in einer Bank, genau genommen. Links davon befindet sich das Wirtschaftsamt (auch nicht unpassend für einen "WährungsTausch"), an der Fassade weisen zwei Leuchtbänder von Markus Kronberger den Weg zur Kunst. Ähnlich der Lichtsäule des Jüdischen Museums, das gleich ums Eck liegt.: Signalmasten fürs aufgerüstete Kultur-Gefühl. Dass eine Sparkassen-Schalterhalle und ein Kunstraum unterschiedliche Bedürfnisse haben, ist auch nach dem Umbau (Kosten: 530 000 Euro) nicht ganz zu übersehen: Stellwände schieben sich vor Glasfassade und Empore und lassen auf 300 m² das Gefühl von Weite gar nicht erst aufkommen.

Die Eröffnungsschau kann so leicht von den farbkräftigen Bildern des renommierten Malers Thomas Huber (vor kurzem auch im Neuen Museum) dominiert werden. "Die Bank" etwa oder die Aquarell-Serie "Wie das Kapital in Seife umgewandelt wurde". Um die Wallfahrtsorte unserer Götzendienstleistungsgesellschaft kreisen auch Sabine Zimmermann und Vollrad Kutscher aus Finanz-City Frankfurt. Zimmermann lässt Geldscheine als schönes Scheingeld wilde Blüten treiben: Exotik (Tod und wilde Tiere) und Erotik (Rudelsex nach Marquis-de-Sade-Eingabe) könnten Banknoten in der Wirklichkeit zweifellos erhöhte Aufmerksamkeit sichern. Vollrad Kutscher führt in seiner Computersimulation ins Kanalsystem der Macht und krönt das Ganze mit einem Moneten-Dom aus 45 000 Pfennigen.

Auf der Galerie oben dokumentiert Susanne Bosch die unterschiedlichen Weltsichten aus "ökonomischem Blödsinn" (so nennen es Banker) und "sozialem Kapital" (um das geht`s den Künstlern). In ihrer "Restpfennigaktion" sammelte die Wahl-Berlinerin mit Nürnberger Akademie-Wurzeln in drei Containern 13 Tonnen Pfennige (darunter 2,7 Tonnen in Nürnberg). Fast 59 000 Euro waren es am Ende, über deren Verwendung ein Gremium entschied: 250 Kilo wurden gebunkert für die Ewigkeit, 6000 Euro gingen an einen Wettbewerb der "Evolutionären Zellen", der Rest soll nun in Sitzgelegenheiten investiert werden. Wer den Pfennig nicht ehrt ...

Nach dem Kettenbrief-Prinzip will Stephan Kurr, heute Berlin, früher Nürnberg, seine ZIG (Zentrifugale Investitionsgemeinschaft) vorantreiben. Wie der alternative Geldhandel funktionieren soll, bleibt freilich so schleierhaft wie der angebliche Vorteil eines Kettenbriefes. Da schaut man dann lieber auf seinen durchlöcherten Globus, der sich wie eine Discokugel dreht und Kurrs "Weltbild" ist.

Andreas Radlmaier




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