Ob eine Fränkische Galerie Nürnberg je beglücken wird, steht in den Sternen. Einen ungefähren Eindruck davon, wie das aussehen könnte, kann man in der kunst galerie fürth erhaschen. Galerieleiter Hans-Peter Miksch stellt dort zwei in Vergessenheit geratene Maler des frühen 20. Jahrhunderts aus: den Fürther Julius Graumann (1878-1944) und den Nürnberger Adolf Kertz (1880-1918).
Ja, und wer ist jetzt wer? Beim Eintritt begegnen dem Betrachter Landschaften beider Künstler, die sich in Stil und Machart auffällig ähneln. Impressionistisch hingetupfte Bäume und Wiesen, aber auch Physiognomien von Bauern und Mädchen, die im Stil des Divisionismus in pflasterartigen Rechtecken zusammengefügt sind, die ihrerseits wiederum aus Mischklecksen von bis zu fünf Farben auf engstem Raum bestehen.
Dachauer Schule als Experimentierküche
Der Grund: Graumann wie Kertz haben beide nach akademisch-realistischen Anfängen in der "Dachauer Schule" von Adolf Hölzel gelernt. Der unehelich geborene Kertz lebte ab dem 14. Lebensjahr in Hölzels Familie; Graumann und Kertz taten sich schließlich zusammen und gründeten eine Malschule.
Nur weniges hat die Zeitläufte überdauert. Einen Teil von Graumanns Bildern, der als Jude emigrierte und in Auschwitz ermordet wurde, fand man im Keller seines Schneiders wieder, der ihn seinerzeit mit einem ordentlichen Anzug ausgestattet hatt, um Bayerns letzten König Ludwig III. abzukonterfeien. Umso überraschender erweist sich Graumanns Vielfalt. In der Wahl der Mittel (Zeichnung, Radierung, Aquarell und Ölgemälde) wie der Sujets (Landschaft, Portrait, Stilleben, Genreszenen) erweist sich der Fürther Bankierssohn als aufgeschlossen und sattelfest. Kertz hätte bestimmt mitgehalten, hätte sein früher Tod sein weiteres Schaffen nicht verhindert. Doch führt nun beider Weg tatsächlich "Vom Salon zur Abstraktion", wie der Titel der Ausstellung suggeriert?
Ahnungen der Abstrahierung sind zumindest greifbar im Selbstporträt Adolf Kertz`, der sich rauchend, wie weiland Anselm Feuerbach, aber in extremer Untersicht präsentiert. Das Licht spaltet das Gesicht in zwei extrem geschiedene Zonen aus Hell und Dunkel, die Hand mit dem Zigarrenstumpen reckt sich in gebieterischer Pose empor. Mehr die Propagierung von Künstlerstolz als Seelenmalerei, plakativ und wirksam.
Reinhard Kalb