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Nürnberger Nachrichten, 21.4.2009
Kompositionen als Musik für das Auge
Fürth präsentiert vier Kalligraphen aus der arabischen Welt
Kalligraphie ist wie Musik für das Auge: Den Beweis tritt derzeit die Ausstellung «Arabische Kunst« in der Fürther Kunstgalerie an, die vier «Schönschreiber« aus dem arabischen Raum vorstellt.
Einen regelrechten Tanz vollführen die arabischen Schriftzeichen auf einem der Werke von Mouneer Al Shaarani: Rote Punkte schweben neckisch über goldfarbenen, geschwungenen Buchstaben. «Um die Seele der Texte zu erfassen, muss man den Wortlaut gar nicht kennen«, sagt Ursula Schernig, die Kuratorin der Schau, die viele Jahre in Kairo lebte und in Fürth die Galerie «Kunst des Niltals« eröffnet hat. Sie schwärmt von Mouneer Al Shaarani als einem der herausragenden Künstler der arabischen Welt.
«Boom« arabischer Kunst
Der 1952 geborene Syrer gilt als Erneuerer der islamischen Kalligraphie: Er bildet nicht nur Verse aus dem Koran ab, sondern ist auch von westlicher Kunst und Philosophie beeinflusst. Was nicht unbedingt auf Begeisterung stößt - eigentlich wollte der Künstler zur Ausstellung anreisen, doch ihm wurde das Ausreisevisum verweigert, seine Website ist seit einigen Wochen gesperrt.
Nichtsdestotrotz sind Shaaranis Werke begehrt. Schernig spricht von einem allgemeinen «Boom« arabischer Kunst und berichtet, dass Shaarani mit seinen Kalligraphien bei «Sotheby’s« derart hohe Preise erzielte, dass er selbst nur noch staunte. Die Werke beeindrucken durch grafische Klarheit und technische Versiertheit: Sie wirken tatsächlich wie wohldurchdachte musikalische Kompositionen. Die Länge des Buchstabens A bestimmt nach der Proportionslehre die Größe der anderen Buchstaben. Schriftsteller Rafik Schami schrieb in seinem Buch «Das Geheimnis des Kalligraphen« treffend, die arabische Schrift sei «wie geschaffen dafür, Musik für das Auge zu sein.«
Totenköpfe und Föten wachsen aus Schriftzeichen
Shaaranis Präzision wird sowohl durch Tagelsir Hassans teils neonbunte Bilder konterkariert, als auch durch die Werke von Volksmaler Salah Hassouna, einem 1932 in Oberägypten geborenen Bauern, der erst spät durch seine Kinder das Schreiben lernte. Er lässt seiner Fantasie ungezügelten Lauf; bei ihm wachsen aus den Schriftzeichen Totenköpfe und Föten. Sowohl Hassouna als auch Khamis Shehata (1918-1996) spielen mit der Geschichte der Arche Noah, die, so erzählt Schernig, die Menschen in der islamischen Welt sehr beschäftigt und den Blick immer auch auf die Zukunft lenkt: Was müssen wir als Menschheit tun, um zu überleben?
Dem Laien gewährt die Ausstellung überraschende und faszinierende Einblicke in eine hohe Kunst, die hierzulande erst noch entdeckt werden muss. Auf Wissensvermittlung und interkulturellen Dialog setzen auch die Mitglieder des Vereins «Arabisches Museum Nürnberg«, die den Reichtum arabischer Kultur zeigen wollen und für 2011/2012 die Eröffnung eines Arabischen Museums, welches das erste seiner Art wäre, planen.
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Susanne Helmer |
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