Fürther und Nürnberger Nachrichten, 30./ 31.5.2009

Virtuelle Räume und textile Experimente

«Meister Schüler»: Arbeiten von Hanns Herpich und Gisela Hoffmann


Sie vereint die Liebe zur Raumgeometrie und zum Experiment: Im Rahmen der losen Reihe «Meister Schüler» der kunst galerie fürth stellen Hanns Herpich, ehemaliger Präsident der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste und die bei ihm ausgebildete Künstlerin Gisela Hoffmann gemeinsam ihre Werke aus.

Dünne Spannbänder in Rot und Schwarz ziehen sich durch den Raum. Sie durchbrechen die Symmetrie der weißen Stellwände, lassen den Betrachter verblüfft blinzeln, weil sie gängige Perspektiven zu sprengen scheinen. Ein Irritationseffekt, den Gisela Hoffmann (Jahrgang 1963) durchaus so gewollt hat: Gängige Sehgewohnheiten sollen hinterfragt werden. «Ich will nichts verhängen, sondern zum Weiterschauen und Weiterdenken anregen», sagt Gisela Hoffmann, die von der Insel Fehmarn stammt und seit 1993 in Roßtal lebt und arbeitet.

Textilkunst

Ihr Lehrer und Mentor Hanns Herpich, geboren 1934 in Konradsreuth bei Hof, hatte seit 1990 den Lehrstuhl für Textilkunst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg inne, stieg später zum Akademiepräsidenten auf und setzt sich auch in seinem Ruhestand ungebrochen aktiv mit dem Thema Textilkunst auseinander.

Da taucht etwa aus einer Serie von Bildtafeln ganz allmählich der Schriftzug «Genesis» auf - ein Effekt, den Herpich mit subtil fein gestuften Veränderungen der Webstruktur erreicht. Den intellektuellen Ansatz vergleicht NN-Kunstpreisträger Herpich (2004) mit dem Wirken der Natur: Wie diese die Doppelhelix des Erbmaterials erschaffen habe, konstruiere er komplexe Webmuster-Codes für textile Strukturen. «Ich spiele dabei mit der Vielfalt der Materialien, der Bindungen und der Dichte», erklärt Herpich und betont, dass er ziemlich sicher der erste Textilkünstler war, der mit so vielen variablen Parametern arbeitete.

«Weniger ist mehr»

Herpich und Hoffmann teilen das Prinzip der Reduktion. «Noch weniger ist noch mehr», meint Gisela Hoffmann, die mit ihren gespannten Bändern ebenso wie mit organisch geschwungenen Lichtleiter-Materialien in leuchtendem Orange oder Rot Zwischenräume inszeniert, virtuelle Flächen generiert - und den Fokus der Aufmerksamkeit damit auf das Wesentliche lenken will.

Eine Facette der Konkreten Kunst, die schon wegen der Strenge der Formsprache nicht nur Anknüpfungspunkte zu Hanns Herpichs WebWerken bietet, sondern auch mit der Konkreten Poesie flirtet. Gisela Hoffmann, die auch beim Fürther «Zeit»-Projekt 1999 dabei war, zieht für sich Parallelen zur sprachgewaltigen Slam-Poetin Nora Gomringer.

Folgerichtig bietet das KünstlerDuo eine limitierte Auflage dreier Acrylglasobjekte zum Kauf an. Auf buntem Lichtleiter-Plexiglas sind die Wörter «bewegt», «sein» und «in der Zeit» zu lesen, die dank sinnreicher Magnet-Technik in unterschiedlicher Reihenfolge kombiniert werden können. Kunst in Bewegung.

Hans von Draminski




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