Nürnberger Zeitung, 19./20.9.2009

Der alte Träumer und das Meer

Kunst aus Katalanien in Fürth


Andere fliegen nach Mallorca und bringen Bilder von Hotel und Strand mit heim. Der katalanische Künstler Riera i Aragó zeigt die Balearen auf andere Art: Archaischen Seepflanzen gleich, wie längst versunkene U-Boote, versinnbildlicht er mit seinen Wandskulpturen die sieben Mittelmeerinseln.

Aber andere Menschen setzen auch Masken auf und tragen Flaschen, um ins Meer zu tauchen. Aragó geht einfach nur hin und schwimmt: Vielleicht lassen seine Seestücke gerade deshalb so tief blicken.

Und mögen andere Gegenwartskünstler auch spritziger zur Sache kommen als er, zynischer sein oder bloß akademisch verkopft: Was die Werke seiner Ausstellung "Wege unter dem Wasser" betrifft, baut der Katalane auf die pure Macht der Poesie.

Dass Aragó ein Mann ist, der Kargheit in der künstlerischen Formensprache ebenso schätzt wie in der Natur, macht die Schau deutlich: Die Eindrücke, die der 1954 in Barcelona Geborene im Zuge seiner Wanderjahre vor allem auf der winzigen, fast menschenleeren "Ziegeninsel" Illa de Cabrera gewann, wirken noch immer nach.

Und das ist schön so. Hans-Peter Miksch, der Leiter der kunst galerie fürth, hat sich mit dem Wasserfreund aus Spanien einen modernen Klassiker an Land gezogen, der unaufgeregt fasziniert.

Isabel Cadevall hat die Auswahl an Gemälden, fotografischen Leuchtkästen und Skulpturen kuratiert. Die Motive sind bewusst nur auf das Meer beschränkt. Allein eine Ausnahme bestätigt die Regel: Das "Wandernde Flugzeug", eine Wandskulptur.

Surreales im Wasserwerk

Es handelt sich dabei um eine skelettartiges Gebilde, das aus einem Propeller mit zwei Füßen besteht. Der Gedanken-Flieger lässt sich als Verkörperung des menschlichen Wunsches, abheben zu können, verstehen. Hat dieses Werk auch vordergründig wenig mit dem ozeanischen Kanon der übrigen Arbeiten gemein, so öffnet es doch die Augen für einen maßgeblichen Aspekt für den Künstler als träumenden Techniker.

Was surreale Spuren betrifft, stehen Aragós Wasserwerke dem "Wandernden Flugzeug" in nichts nach. So sind etwa die bereits erwähnten "U-Boote" von enormer mythischer Körperlichkeit durchdrungen. Und in einer Skulptur aus filigranen Stahlgestellen glaubt man gar zu spüren, wie es die kleinen roten Schiffe strudelartig nach unten zieht, so als bestimme ein starker Tiefensog den Raum.

In der prächtigen Wannenskulptur "Sea and Boat" steckt Humor, weil eine Art Dampfer im Wasser den Berg "runterfährt". Ganz anders die Arbeit daneben: Hier hat Aragó Leinwände in einen Taufbecken-Altar eingegossen und somit Malerei mit Bronzekunst und Spiritualität verschränkt.

Aragós Werke weisen Wege in eine andere Welt. Gerne taucht man mit ein.

Christian Mückl




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