Nürnberger Zeitung, 27./28.2.2010

Die Glocken schweigen zum Glück


Zum Glück gibt es Glocken. Das fanden schon die Buddhisten. Und bauten vom Jahr 780 an auf Java in Indonesien «Borobudur», eine Tempelanlage, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte.

Der architektonische Clou waren 1472 glockenartige Klanggefäße namens «Stupas», die sich im Streben nach Kontemplation himmelwärts schraubten, wobei in jedem ein Buddha saß. Bis auf die höchste: Leere verkörpernd zeigte sie den Idealzustand gemäß der Glaubenslehre an.

«Es geht bei diesen Glocken um Ruhe», sagt Holzbildhauer Benedikt Birkenbach, «nicht um Klang». Er muß es ja wissen. Seit sechs Jahren beschäftigt ihn «Borobudur» als Gesamtkunstwerk, ist ihm Steilvorlage, Inspiration. Mit sinnlich-schönen Arbeiten bespielt der 1965 Geborene nun die Kunst-Galerie Fürth.

Auf Java schlossen dann bereits nach 150 Jahren Hindhuisten die buddhistische Pilgerstätte und übernahmen die Macht. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das wild überwachsene und teils durch Erdbeben zerstörte architektonisch einzigartige Bauwerk wiederentdeckt, wiederhergestellt und gilt heute als Weltkulturerbe im Sinne der UNESCO.

Und nicht nur das: «Borobudur ist wie eine große Bach-Komposition», vergleicht Bildhauer Birckenbach die Stätte. Prinzipien wie Rhythmus, Teilung, Strukturen und Musikalität steckten in der Architektur der glücksbringenden Glocken. Somit alle großen Themen der Kunst. Birkenbach betont weiter, dass es ihm mit seinen durch den Tempel inspirierten kegelförmigen, gelb markierten Großskulpturen, schwarzen Sockelwerken sowie Holzschnitten vordergründig nicht mal so sehr um Buddhismus an sich gehe. Vielmehr sei es sein Ansinnen, anhand der Arbeit mit Pappelholz und ähnlichen Materialien bildhauerische Grundthemen zu klären.

Dem sachlich-poetischen Blick der Konkreten Kunst ist der Meisterschüler von Tim Scott an der Nürnberger Kunstakademie in seinem abstrakten Interesse an Farbwirkung und Formgebung damit viel näher, als der klassischen figurativen oder gar spirituell gesinnten Skulpturenarbeit.

Im Geiste von Depeche Mode

Mit «Enjoy the silence» – dem Songtitel, mit dem die Band Depeche Mode gerne als Zugabe ihre Fans in die nächtliche Ruhe entlässt – hat Birckenbach einen trefflichen Titel für seine Schau gewählt, die den Wandel von Licht und Schatten, Aufgehen und Versinken, Anklingen und Verstummen augenfällig macht. Frei von weltanschaulicher Verklärung stehen die Werke klar und fest im Raum, und doch geht vom Holz und seinen offenen, gestuften Formungen etwas Organisches aus. Die Stille kann Anklang finden.

Christian Mückl

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