Die Quadratur der Ausstellung ist vollendet: Seit Freitagabend ist in die kunst galerie fürth nach Sebastian Kuhn, Aldona Kut und Tobias Lehner auch Matthias Wohlgenannt eingezogen, der mit seiner installativen Arbeit die „Viermaleins“-Schau komplett macht.
Immer mit der Ruhe. Und schön einer nach dem anderen. Ein löbliches Prinzip, das sich tatsächlich auch sinnvoll anwenden lässt, wenn Kunst im Spiel ist. Das hat Galerie-Chef Hans-Peter Miksch gerade anschaulich bewiesen. Hinter „Viermaleins“ steckt eine Idee, die den Mut zur Lücke zum Ereignis macht.
Mit einem einzigen Werk — Sebastian Kuhns Raumplastik „Between dreams“ (wir berichteten) — startete die Schau. Freitag für Freitag kam Neues hinzu. Bis gestern. Wer mochte, konnte die anschwellende Ausstellung in jedem Stadium besuchen und erleben, wie sich der Kunstraum in der städtischen Galerie verändert.
Mit Aldona Kuts sechsteiliger Arbeit „Außenfutter“ kam ein Blickpunkt hinzu, der seinen Betrachtern zunächst auffallend unaufgeregt begegnet. Die 34-Jährige, die als freischaffende Künstlerin und Modedesignerin arbeitet und zudem Architektur und Stadtforschung studierte, drapiert großformatige Keilrahmen mit Seide, Baumwollstoffen und einem Stierfell.
Beinahe spielerisch gelingt es der Künstlerin damit, Wesentliches aus allen Bereichen, mit denen sie sich beschäftigt, anzusprechen. „Außenfutter“, ein Begriff, der paradox anmutet und letztlich als Synonym für die Haut verstanden werden will, wendet, was im Verborgenen lag, den Blicken zu. Verletzlichkeit wird offenbart und im gleichen Moment ein Stück weit ihrer Intimität beraubt.
Die Leerstellen auf der Empore der Galerie wurden mit zwei monumentalen Leinwänden von Tobias Lehner gefüllt. Mit den beiden Acrylbildern im beachtlichen Format von 1,70 mal 5,50 Meter und 1,70 mal 4 Meter ist explizite Farbigkeit angetreten. Raster, die an Millimeterpapier erinnern, sind zu erkennen. Mauerwerk und Formen, die beinahe an impressionistische, florale Details im Stil eines Monet erinnern. Geschichtet ist das alles, im Chaos scheint eine Ordnung zu liegen.
Für Miksch stehen die Rätsel, die Lehner aufgibt, denen eines Neo Rauch in nichts nach. Wer will, erkennt vieles. Doch die Geschichten, die sich so augenfällig auftun, laufen zwangsläufig ins Leere. Ein Punkt, der den Schulterschluss mit Kuts Arbeit denkbar werden lässt: Wieder geht es um Oberflächen, hinter denen offensichtlich kein Geheimnis liegt.
Seit gestern komplettiert Matthias Wohlgenannt mit einem weiteren Bauteil seiner Serie „Observatorium“ die Vierer-Bande in der kunst galerie. Endgültig und eindeutig ist damit sichtbar geworden, wie intensiv die Arbeiten inhaltlich miteinander korrespondieren. Wohlgenannts Beitrag, den er ausschließlich für diese Exposition schuf, mutet auf den allerersten Blick etwas verlockend Spielerisches an. Dem Verlauf der Lichtleiste an der Decke im Bereich unter der Galerie-Empore folgend, errichtete er eine Art Raumteiler, der einen klar abgegrenzten Innenraum hat und sich umrunden lässt. Wie Butzenscheiben wirken die Bau-Elemente, die aus alten Brillengläsern zusammengesetzt wurden. Wer hindurchschaut, dem erscheint sein Gegenüber plötzlich rätselhaft.
Ätherisches Objekt
Was wie ein überdimensionales Kaleidoskop erscheint, weckt gleichzeitig Gedanken darüber, wer und was durch die verlassenen Linsen bereits erblickt wurde. Etwas anziehend Provisorisches liegt in der Arbeit. Ein ätherisches Objekt, das von Ferne sanft irisierend, undurchschaubar scheint, entpuppt sich als Konglomerat aus unzähligen, mit Heißkleber zusammengehaltenen Wattestäbchenstielen. Vielleicht ist es das trauliche Heimwerker-Ambiente, das den Einstieg in diese Arbeit so scheinbar mühelos macht. Dass es dabei nicht bleibt, sondern mit dem unaufhaltsamen Weiterspinnen unversehens aufkeimender Gedanken endet — das hat Wohlgenannts Arbeit mit den Dreien gemeinsam, die zuvor die Galerie in Besitz nahmen.
„Viermaleins“: kunst galerie fürth (Königsplatz 1). Die Ausstellung, die zunächst bis 19. Dezember geplant war, wird verlängert und ist nun auch geöffnet am 22., 23., 26., 29., 30. Dezember sowie am 2. Januar.
Sabine Rempe