Nürnberger Nachrichten, 15./16. September 2012

Mode für die selbstbewusste Trägerin

„Frauen, schafft euch Mut an“: Olga von Moorende zeigt ihre extravaganten Kreationen in Fürth


Ist das jetzt Skulptur, Kunsthandwerk oder Modedesign, was Olga von Moorende in der Kunstgalerie Fürth zeigt? Ihre vogelwilden Kreationen sind jedenfalls ebenso tragbar wie mitunter sogar waschmaschinenfest.

„Dafür braucht man aber Mut!“ Das ist der häufigste Satz, den Olga von Moorende hört, wenn sie Damen — egal welchen Alters — ihre Kreationen vorstellt. Mit klassischer Eleganz haben die Entwürfe so viel zu tun wie Karneval mit dem Totensonntag.

Beim Glückskleid zum Beispiel besteht das knappe Röckchen aus hellgrünen Flausch-Kleeblättern, die Fischkleider („sehr bequem“ verspricht die Künstlerin) verwandeln ihre Trägerinnen in kleine Meerjungfrauen, und die Tütenkleider mit Aufbewahrungssäckchen an der Hüfte machen eine Handtasche überflüssig: „Da muss man die Frau schon ausziehen, wenn man die Scheckkarte klauen will.“

 Alles durchaus praktisch also, wenn da nicht diese — gelinde gesagt — extravagante Optik wäre: Grellbuntes Patchwork — Jeansstoff neben Kinderbuch-Motiven, Brokat neben Karomuster, Streifenoptik neben Spitze — dazu witzige Applikationen, Fransen, gewagte Schnitte und Ausschnitte. So sieht das Gegenteil von puristischer Mode aus. Gerne arbeitet die Kunstnäherin für ihre femininen Fummel auch mit Reißverschlüssen, diesen kleinen erotischen Helfern. Und allen, die ihr wieder mit mangelndem Mut zum nonkonformen Outfit kommen, rät sie: „Dann schafft ihn euch an, denn das ist eine Anschaffung fürs Leben.“

Wer hinter den verrückten Sachen nun eine ausgeflippte Maus vermutet, liegt total daneben. Olga von Moorende (Jahrgang 1960) ist studierte Malerin und betreibt ihr Handwerk im Schnaittacher Atelier mit großer Konsequenz und Ernsthaftigkeit. Dass sie dabei auch „der Schabernack treibt“, wie sie zugibt, ist kein Widerspruch. Schon während ihres Studiums bei Georg Karl Pfahler an der Nürnberger Kunstakademie konnte sie mit Stoffen und Nähmaschinen mehr anfangen als mit Pinseln und flachen Bildern an der Wand. Im Prinzip malt sie seither mit Gewebtem, kombiniert Farben und Muster, legt Schicht auf Schicht, schneidet aus und ergänzt. Ihr Materialfundus ist schier unerschöpflich: „Ich bräuchte im Leben keine Stoffe mehr kaufen“, meint sie — und wird es wohl doch immer weiter tun.

In der Kunstgalerie Fürth werden viele ihrer Loch-, Reif- und Tütenkleider präsentiert, eine im Verlag für moderne Kunst neu erschienene Monografie zeigt das ganze Arbeitsspektrum der letzten 25 Jahre — von der Ballrobe über das Brautkleid bis hin zum gemäßigteren oder total verrückten Alltagskleid. Und ist das jetzt Skulptur, Malerei, Kunsthandwerk oder Design? Einigen wir uns einfach auf angewandte Kunst in ihrem schönsten Sinn.

Birgit Ruf

 

 




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