Bayerische Staatszeitung, 12.4.2013

Märchenhafter Stillstand


Bildhauer Hubertus Hess in der kunst galerie fürth

Seine Skulpturen vergegenwärtigen das Vergangene – und hinter den zusammengeschweißten eisernen Gittern und den kunstgeschmiedeten Portalen betritt man den „totgesagten Park“, wie Stefan George ihn besang, hört man die „im Winde klirrenden Fahnen“ Friedrich Hölderlins.
Der Bildhauer und Objektkünstler Hubertus Hess ist ein Poet, der nicht Verse schmiedet, sondern rostendes Eisen biegt. In seinen solcherart künstlerisch verfremdeten „objets trouvés“, die er auf alten Friedhöfen genauso findet wie in den Parks verfallender Villen und in den Ruinen älter Gemäuer, beschwört der Künstler Geschichte und Geschichten, auf die sich der Betrachter selbst seinen Reim machen muss.

Die Kunstgalerie Fürth zeigt die in Mittelfranken längst überfällige Einzelausstellung des aus Coburg stammenden, seit Jahren in Nürnbergarbeitenden Künstlers Hubertus Hess (Jahrgang 1953), den man mit Fug und Recht als einen der renommiertesten Bildhauer der nordbayerischen Kunstszene bezeichnen darf. Auf seine Arbeiten im öffentlichen Raum stößt man in vielen fränkischen, darüber hinaus auch bayerischen Städten und Gemeinden, wo sie freilich zuweilen eher provozieren als gefallen. Was nicht wundert, frönen sie doch nicht naturalistischer Nachvollziehbarkeit, sondern eher einem magischen, ja märchenhaften Realismus.

Wie etwa in der titellosen Arbeit, für die sich der Titel Im Goldenen Käfig nachgerade aufdrängt: Denn dort ist ein ausgestopfter Goldfasan zwischen zwei alten Eisengittern gefangen – und wird doch in seiner Kostbarkeit zugleich auch geschützt vor seiner feindlichen Umwelt. So wie auch die Arbeit "Es war einmal" die Erinnerung an die längst vergangene Märchenwelt der Kindheit zu beschwören scheint, auch wenn ein Zaun aus alten Eisenstäben, zum Ornament geformt, den Zugang und die Rückkehr in die Vergangenheit verwehrt. Das Halbrund eines prächtigen Eisenportals schließlich, das Hubertus Hess vor dem Schrottplatz rettete, ziert nicht mehr als Aufsatz den Torbogen, sondern lastet – gleichsam auf den Kopf gestellt – schwer auf dem Boden wie ein überdimensioniertes Pendel einer stehengebliebenen Uhr, die die Zeit angehalten hat. Und das ist es auch, was von diesen Artefakten, Fundstücken und collagierten Relikten und Reliquien des Künstlers ausgeht: Eine lastende Stille, in der die Zeit den Atem anhält.

Friedrich J. Bröder

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