Nürnberger/Fürther Nachrichten, 14./15.9.2013

Reise in die Welt der Finsternis


Eine spannende Ausstellung in der kunst galerie fürth zeigt Bilder der Nacht

Die Nacht hat die Künstler seit jeher fasziniert. Unter dem Titel „weit draußen und tief drinnen“ widmet sich jetzt die kunst galerie fürth der Dunkelheit, die Schrecken und Sehnsucht gleichermaßen verheißt.

Neun Künstler hat Galerieleiter Hans-Peter Miksch eingeladen. Als Maler, Fotografen und Videokünstler erkunden sie das ambivalente Reich der Finsternis, das wir nicht nur in der äußeren Welt erleben, sondern auch in unserem Innern. „Wenn wir die Augen schließen, herrscht Dunkelheit“: Dieser ganz einfache Gedanke, den er in Heinz-Gerhard Frieses opulenter Kulturgeschichte zur „Ästhetik der Nacht“ fand, habe ihn verblüfft, so Miksch.

Geradezu programmatisch vereint ist beides, die Dunkelheit „weit draußen und tief drinnen“, in einem Tafelbild des Nürnberger „Nachtmalers“ Mathias Otto. „Traumreise“ heißt sein faszinierendes Gemälde, das wie in einer Kamerafahrt ein gleichermaßen reales wie surreal anmutendes Szenario entfaltet: Links sieht man im Schein der Nachttischlampe einen Schlafenden im Bett. Dann schwenkt der Blick durchs Fenster hinaus auf eine nächtliche Häuserzeile und eine Wiese, und rechts blickt man zwischen schwarzen Baumstämmen hindurch auf zwei karg beleuchtete Hauseingänge. Virtuos, im fließenden Übergang zwischen innen und außen entwirft Otto einen sich steigernden Spannungsbogen – von der intimen Geborgenheit des Schläfers, der vielleicht von düsteren Träumen geplagt wird, zum subtilen Suspense im rechten Bilddrittel, das auch die Perspektive eines Täters, eines Einbrechers darstellen könnte.

 „Traumreise“ gehört zu jenen Werken der Schau, in denen die Nacht als Hort der Stille und latenten Bedrohung erscheint. Für die andere Seite, die laute, rauschhafte Nacht, steht die Bilderserie von Ursula Kelm. Im Reportagestil hat die Berliner Fotografin einen Abend im Apollo Theatre in Harlem dokumentiert, wo jeden Mittwoch zur „Amateur Night“ geladen wird. Kelm war beeindruckt von der Begeisterung, mit der dort die möglichen Stars von morgen gefeiert werden. Teils mit dem Handy aufgenommen, vermitteln ihre Bilder einen authentischen Eindruck von der überschwänglichen Atmosphäre.

Die stille Dunkelheit und die grell illuminierte Partynacht, die Einsamkeit und die Flucht vor ihr – das sind die beiden Gegenpole dieser attraktiven Ausstellung. Wie der Partyrausch in einen surrealen Trip mündet, zeigt die Videoarbeit „Nyx“ der Londoner Künstlerin Claire Hooper. Entstanden in Berlin, begleitet die Kamera den jungen Furat, der – benebelt von Drogen und Alkohol – auf der Heimfahrt mit der U-Bahnlinie 7 den Göttern der Unterwelt als Halluzinationen aus Fleisch und Blut begegnet. Eine mythologisch grundierte Reise zwischen Traum und Wirklichkeit, die sehr irdisch endet.

Ebenfalls in den Untergrund, in eine tiefschwarze Höhle, entführt die Wandmalerei der in Berlin lebenden Esther Horn. Schemenhaft wirken die Figuren und Gesichter im dunklen Nichts, ohne Identität verkörpern sie menschliche Zustände und sind von einer Aura der Verlorenheit umgeben. Besonders berührt eine schmale Gestalt, ein Junge mit einem Judenstern. Ihn schuf Horn nach einem Foto, das sie während der Vorbereitung zur Ausstellung in Fürth fand.

Tiefschwarz und bitterkalt ist die Nacht in Gerhard Rießbecks „Großer Eisberg“, der – einer Toteninsel gleich – zur Endzeitvision wird. Doch auch der heimische Garten, kann, bei Nacht betrachtet, ein beunruhigendes Eigenleben entfalten – wie die großartigen, an altmeisterliche Malerei erinnernden Fotografien der in München lebenden Japanerin Yukara Shimizu beweisen.

Regina Urban

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