Nürnberger/Fürther Zeitung, 16./17.November 2013

Lesarten der Landschaft


In der kunst galerie fürth ist die Malerei von Szilard Huszank zu entdecken

Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Im Vordergrund versperren Sträucher und Unterholz den Blick, im Hintergrund ragen Baumstämme. Aber merkwürdig: Die Bäume erscheinen verwaschen, als hätte jemand zwischen Vorder- und Hintergrund eine Plastikfolie gespannt. Und da, wo der Himmel sein sollte, schimmert es zwar blau - und doch wirkt es so, als schimmere hier die Oberfläche eines Sees mit diversen Spiegelungen von Laub und Astwerk. Steht das Bild etwa auf dem Kopf?

Nein, die spätherbstlichen Landschaften in Ölmalerei des gebürtigen Ungarn und Absolventen der Kunstakademie Nürnberg, Szilard Huszank, Jahrgang 1980, hängen schon ganz richtig in der kunst galerie fürth. Leider tragen sie keine Namen, sondern lediglich Chiffren, wie etwa IL Nr.11 - 80x60cm oder LC Nr.19 - 110x135cm. Wobei IL "imaginierte Landschaft" bedeutet und LC für "Landschaftscollage" steht, es folgend die laufende Nummer und die Bildmaße. Da geht sie hin, die Romantik.

Eine solche Landschaftscollage ist etwa LC Nr.21: ein Teich im Wald, schön suppig und grün, die Uferzone im Hintergrund ist nicht auszumachen, bruchlos verschmelzen Wald und Waldspiegelbild miteinander. Im Vordergrund, mitten im Wasser, kniet auf einem Sockel eine steinerne Skulptur, eine trauernd anmutende Maid; in ihren offenen Händen liegt ein Ast, der in seiner Form an einen Bogen gemahnt. Wie kommt der Ast dahin?

Ein Bild, als hätte es Böcklin ersonnen. Doch wo Böcklin die Statue in ein Zwielicht getaucht hätte, so dass der Betrachter rätseln darf, ob er eine Skulptur oder eine echte Najade sieht, betont Huszank die Skulptur durch die grausilbrige Textur. Das Werk im Wasser erscheint als Fremdkörper und doch durch den Ast eingebunden in die Natur. Vielleicht Fürst Pückler-Muskaus Park bei Hochwasser?

Wie aus dem Barockgarten

Noch einen Schritt weiter geht Huszank im Nachbargemälde LC Nr.22, dort thront eine barocke Nymphe mit Kind auf dem Sockel in diesmal rostbraunem Gewässer. Die Skulptur wie aus dem Barockgarten von Veitshöchheim wirkt unscharf hingetupft, man muss zurückgehen, um den Gesamteindruck zu würdigen.

Was nun die Landschaftscollage betrifft, so wandelt Szilard Huszank eine lange Tradition ab. Praktisch alle Landsachaften des späten Mittelalters, der Renaissance und des Barock sind komponierte Landschaften, aus verschiedenen Natureindrücken aus dem Skizzenbuch zusammengesetzt.

Doch der Unterschied zwischen Komposition und Collage ist eben der: Die Komposition zielt auf Harmonie und Komplettierung ab, die Collage bringt Fremdartiges zusammen, in diesem Fall unvereinbare Farbwerte von Natur und Skulptur, bzw. Abbildungsrealismus und wilden Farbexperimenten mit Spachtel und Rakel.

Gelegentlich bricht in Huszanks BIldern Katastrophales ein, etwa ein Brand. Allerdings beschränkt der Maler sich auf die Darstellung natürlicher Phänomene. In diesem Fall kontrastieren blütentragende Äste und Pflanzen im Vordergrund mit einer Rauchwolke im Hintergrund. Die Architektur mutet mediterran an, das Unbehagen rüht vom Kontrast der graubraunen Wolken mit den Farben der Blüten her. Dies, und der Verzicht auf Staffagefiguren oder generell menschlicher Aktivität generiert eine stabile Statik des Schreckens, die tiefer unter die Haut geht als ein hektisches Katastrophenszenario.

Tendieren die Landschaftscollagen zur Vermischung von gegenständlicher Malerei mit gegenstandslosen Elementen, so dreht sich dies Verhältnis in den imaginären Landschaften um. Hier dominieren abstrakte Schauwerte. Vor einem in gräulich-bläulich-grünlichen Farbwerten changierenden Hintergrund schweben einzelne Farbfetzen ind Rot, Orange und Gelb.

Diese Bilder wirken zuerst hermetisch, doch dann laden sie den Betrachter ein zum Dechiffrieren. So bewegt sich Huszank als Grenzgänger zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion.

Reinhard Kalb

 

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