Michaelis-Kirchweih mit Riesenrad und Fahrgeschäft bei Dunkelheit

Historisches rund um die Kärwa

Die Michaelis-Kirchweih blickt auf eine lange Historie und spannende Anekdoten zurück.

St. Michael – die Mutter der Kirchweihen

Die Michaelis-Kirchweih ist historisch gewachsen und nicht, wie viele Volksfeste, von Stadtoberen zur Unterhaltung verordnet worden. Ihre Ursprünge liegen in der zweitältesten Kirche von Fürth, St. Michael, benannt nach dem Erzengel Michael. Dieses schlichte, dorfkirchenähnliche Gotteshaus wurde vermutlich um das Jahr 1100 erbaut.

Schon 601 verfügte Papst Gregor, dass eine Kircheneinweihung auch mit einem weltlichen Fest begangen werden sollte. Historiker nehmen daher an, dass die Michaelis-Kirchweih zur Fertigstellung von St. Michael begann und somit über 900 Jahre alt ist. Die Fürther waren stolz auf ihre "Michels-Kerch" und feierten jedes Jahr am 29. September oder am folgenden Sonntag. Das Fest wurde immer beliebter und breitete sich vom Kirchenplatz über die Gustavstraße bis in die gesamte Innenstadt aus.
 

Immaterielles Kulturerbe

Seit 2018 darf sich die Michaelis-Kirchweih über zwei ganz besondere Titel freuen: Erst wurde sie in das Bayerische Landesverzeichnis aufgenommen, kurz darauf auch in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Das Expertenkomitee bei der Deutschen UNESCO-Kommission würdigt die Kärwa als “identitätsstiftenden Brauch mit jahrhundertealter Tradition” und lobt den Gemeinschaftsgedanken sowie den partizipativen Charakter des Fests. Auf der Website der UNESCO lesen Sie die Hintergründe. 

Kärwa-Anekdoten aus der Vergangenheit

Nürnberg-Fürther Rivalität?

Heute wird Zusammenarbeit in der Region groß geschrieben, vor allem wenn es um Ökonomie geht. 1739 war das noch etwas anders. Ungemein wurmte es nämlich die Nürnberger Stadtväter, dass so viele ihrer Untertanen der Fürther Kirchweih nicht widerstehen konnten und den Erbfeinden in der Kleeblattstadt alljährlich zur "Kärwa" ein gutes Geschäft bescherten. "Unsere Norisstädter sollen gefälligst die stadteigenen, nach uns benannten Bratwürste vertilgen," dachte sich der Rat der Pegnitzstadt und beschloss, in der Kärwazeit alle Tore nach Fürth zu schließen. Obwohl in Geschichtsbüchern nicht belegt, muss es von den Nürnberger Bürgerinnen und Bürgern Proteste gehagelt haben. Denn die Regelung wurde im folgenden Jahr wieder aufgehoben.

Die Rathauskrawalle von 1872

Während der fröhlichen Kärwa-Zeit erlebte das Fürther Rathaus am 30. September 1872 seine schlimmsten Stunden: Das Rathaus wurde von 50 Infanteristen und 25 Kavalleristen besetzt. Was war passiert?

An jenem Kirchweihmontag entwickelte sich aus einem fröhlichen Musikumzug eine Revolte. Gegen 16 Uhr kam eine Gruppe junger Leute auf die Idee, einen lustigen Musikzug zu machen. Mit Blechmusik zogen sie los, vorbei am “Tannenbaum”, weiter Richtung Rathaus. mit Bier hielten sie die Laune aufrecht. Rottmeister Schönecker bemerkte den Zug und rief Schutzleute herbei, da die Marschierenden keine Genehmigung hatten. Als die Musizierenden nicht gingen, wurden die Anführer verhaftet. Ein Marschierer rief: “Stürmt das Rathaus!” Die Menge folgte ihm, warf Pflastersteine, zerschmetterte Fenster. Die Tore hielten die Angreifer ab, doch Bürgermeister John rief militärische Hilfe. Das Ergebnis: 54 Verhaftungen, 1283 Gulden Schaden und ein Imageschaden für das Fest.

Widerstand gegen neuen Standort

Die Geschichte der Michaelis-Kirchweih zeigt: Die Fürther lieben ihre Kärwa so, wie sie ist. Versuche, sie zu verändern, stießen (und stoßen) meist auf Widerstand.

Ein Beispiel dafür ist das Jahr 1901, als der Magistrat beschloss, die Schaubuden, Fahrgeschäfte, Heringsbrater und Glücksbuden in den Lindenhain zu verlegen, die Messbuden in die König- und Gustavstraße und den Geschirrmarkt auf den Löwenplatz. Dieser Beschluss fiel knapp mit sieben gegen sechs Stimmen. Die Folge: Der Chronist Paul Rieß sprach noch 27 Jahre später von einer “verkuhwedelten Kirchweih”. Die Nürnberger kamen wie immer zur Kärwa, fuhren aber gleich wieder zurück, als sie sahen, was aus dem Innenstadtfest geworden war. Sofort nach der Kirchweih begann eine Unterschriftensammlung gegen den Beschluss. Der Widerstand zeigte Wirkung: Bereits am 26. Oktober nahm der Magistrat seinen Beschluss mit elf gegen drei Stimmen zurück.